Osterhase auf Rädern

Kaninchen
Kaninchen(c) APA/PFOTENHILFE/MIHAI VASILE
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Mit circa vier Jahren sind Kinder in einem hochinteressanten Zwischenstadium. Einerseits wissen sie unglaublich viel, andererseits halten sie die absurdesten Dinge für möglich.

Mit circa vier Jahren sind Kinder in einem hochinteressanten Zwischenstadium. Einerseits wissen sie unglaublich viel, andererseits halten sie die absurdesten Dinge für möglich. Das Kind kann die kompliziertesten Dinosauriernamen zuordnen, schlägt beim Memory alle (Memory ist bekanntlich das einzige Spiel, bei dem man Kinder nicht absichtlich gewinnen lassen kann, weil sie um Hausecken besser sind) und kann sogar die kreative StVO in der Mariahilfer Fußgängerzone fehlerfrei aufsagen: „Autos dürfen nur fahren, wenn sie etwas liefern. Sonst dürfen hier nur Menschen und Radfahrer (eine Formulierung, die die Radgegner freuen wird) sein.“

Zwischendurch merkt man, dass so ein kleiner Mensch noch so gar keinen Realitätssinn hat. Wenn das Kind seine Eltern in aller Früh über seinen Plan informiert, auf seinem Bett ein Haus zu errichten. Schlaftrunken lobt man die gute Idee, ein Haus aus Decken, wie gemütlich. Nein, sagt da das Kind, ein richtiges Haus, mit Fenstern und Türen, aus Beton. Auf deinem Bett, aus Beton? Auf meinem Bett, aus Beton. Der Hinweis, dass man unmöglich das Kinderzimmer zubetonieren könne und schon gar keinen Beton zu Hause lagernd habe, wird mit dem Hinweis auf die Baustelle beim Haus gegenüber abgeschmettert, von der die Eltern gefälligst jetzt, hier und sofort Beton herholen mögen. Kurz: Sonntagmorgen-Drama programmiert.

Wahrscheinlich sind die Erwachsenen aber selbst schuld daran, dass Kindern lange der Sensor für unmögliche Szenarien fehlt. Immerhin antwortet man auf die Frage, warum es im Supermarkt so viele Schokoeier gebe, mit der Notlüge: Na, weil der Osterhase hier einkauft. Und schon stellt sich das Kind vor, dass dieser höchstselbst beim Spar in Wien-Margareten mit dem Einkaufswagerl Schokolade erwirbt – und zwar für „alle Kinder dieser Welt“. Gleichzeitig wünscht sich das Kind nun doch keinen Roller vom Osterhasen, weil der für so ein kleines Tier viel zu schwer zu schleppen wäre. Daran erkennt man Ansätze von Mitgefühl. Ein Fortschritt: Im Vorjahr hat das Kind dem Osterhasen nämlich sehr wohl den Transport eines Fahrrads mit Stützrädern zugemutet.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2014)

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