Der Staub, der aus der Wüste kam

Reuters
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Saharastaub, das klingt nach goldfarbenen Dünen und verwehten Spuren.

Ach, könnte es immer Saharastaub sein. Er verleiht diesem Frühsommer eine Poesie, die man sich, umzingelt von Pollen und sonstigem Unrat, gar nicht hat erwarten dürfen. Saharastaub, das klingt nach goldfarbenen Dünen und verwehten Spuren, nach Einsamkeit und sternenklaren Nächten. Nun liegt er auf unseren Autodächern, der Saharastaub, und taucht den Himmel in ein milchiges Gelb.

In London kann man dem Staub, der aus der Wüste kam, nicht viel abgewinnen. Die Regierung hat die Bevölkerung nun angesichts der „gigantischen Staubwolke“ aufgefordert, möglichst wenig Zeit im Freien zu verbringen. Der Saharastaub vergrößere das Smogproblem und sei zudem auch noch mit „Giftstoffen aus Europa“ angereichert, heißt es in britischen Medien. Keine Spur von Fernweh bei den nüchternen Briten.

Der Saharastaub ist ein guter Grund, die Fenster nicht zu putzen. Er ist ja kein gewöhnlicher Schmutz, sondern er erzählt eine Geschichte. Da es nun länger hell ist, hat man auch länger die Gelegenheit, durch den Gelbschleier hinauszusehen und an die Wüste zu denken. Ein weiteres Argument für die Sommerzeit, die nun wirklich auch einmal Verteidiger braucht.

Ich mag sie ja, die Zeitverschiebung. Sie garantiert, dass zweimal im Jahr dieselben Argumente ausgetauscht werden und dennoch alles beim Alten bleibt. Und immer wieder die Frage: nach vor oder zurück? Wer verliert, wer gewinnt? Manche Uhren stellen sich von allein um, andere bleiben für immer in der Zeit, in der sie gekauft wurden. Das Backrohr zum Beispiel.

Man kann nun viele Wochen lang sagen: „Eigentlich ist es ja erst ...“ und einen guten Grund dafür finden, länger aufzubleiben oder noch nicht heimzugehen. Die Erkenntnis ist auch jedes Mal die gleiche: Egal, wie hell oder dunkel es ist, müde ist man immer gleich.

E-Mails an:friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2014)

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