Wir müssen doch nicht jede Mode mitmachen. Was heute gut ist, kann morgen schon ein Lacherfolg sein.
Auf die nur bedingt prickelnde Gefahr hin, hier den kulturpessimistischen Abendländer und Dauergast beim Fünf-Uhr-Tee-mit-Rum von Uschi Stenzel (am Anfang immer gut für eine Erwähnung) zu geben: Wir müssen doch nicht jede Mode mitmachen. Was heute gut ist, kann morgen ein Lacherfolg sein. Mittels üblicher Teil-Amnesie lässt sich der Einsatz von Jogging High, Video 2000, Neon-Haarsträhnen und Tennis-Socken ohne Tennisspiel zwar verdrängen. Durch Digitalkamera und aufmerksamen Nachwuchs wird Leugnen aber schwieriger. Daher wäre ein Ratgeber hilfreich, worüber in Zukunft alle lachen. Etwa private Großküchen wie sie derzeit en vogue sind: Im größten Raum der Wohnung, Kochstelle, High-Tech-Gerätschaften und Bar-Block zu errichten, entspricht dem Party-Keller der 70er. Sollten Sie gerade bei entsprechenden Umbauarbeiten sein, macht ja nichts: Sie können immer noch ein Restaurant aus Ihrer Wohnung machen. Ähnlich beschwören zwar alle – jetzt wird es wirklich unmodern – Web 2.0, spätestens 2028 werden facebook und myspace nur Fußnoten der Netz-Geschichte sein. (Als Zukunftsforscher tauge ich nicht, Mathias Horx würde solche Festlegungen meiden, sondern messerscharf von Weiterentwicklung, Anpassung und damit Siegeszug reden.) Weiters wäre da die Emo-Bewegung – zur Erklärung für jene, die wegen Stenzel weitergelesen haben: „Tokio Hotel“ meets „Die Leiden des jungen Werthers“ auf dem iPod, heraus kommt ein jugendliches Lebensgefühl. Für den iPod im Ohr gilt Ähnliches.
Was noch uns erheitern wird, aber – die Abendland-Stammgäste würden es so formulieren – mit einem weinenden Auge: Dass man einfach rauchen durfte und um 20 Euro nach Paris fliegen konnte. Und Partykeller überhaupt noch kannte.
rainer.nowak@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2008)