Das rot-weiß-rote Würgeeisen

(c) AP (Kevork Djansezian)
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Jene Umarmung, die jedem international erfolgreichen Österreicher den Atem raubt.

In den kommenden Wochen werden wir staunende Zeugen jener tödlichen Umarmung werden, die jedem international erfolgreichen Österreicher den Atem raubt, so er nicht rechtzeitig dorthin flüchtet, wo er seinen Erfolg erzielt hat: jenseits der Staatsgrenzen. Die rot-weiß-rote Garrotte lässt vier Umdrehungen zu, und mit jeder wird die Luft für den unglücklichen Erfolgreichen dünner.

Runde eins: Hysterischer Jubel. Die Schlagzeile „Wir sind Oscar“ hat sich nur eine Zeitung getraut, diese aber mit „Österreich begeistert Hollywood“ verstärkt.

Runde zwei: Sentimentale Vereinnahmung. Verwandte, Schulkollegen und der Wellensittich-Therapeut des Erfolgreichen werden zur Ausleuchtung dessen Charakters behelligt. Und zwar so lange, bis jemand endlich sagt: „Er ist am Boden geblieben.“

Runde drei: Erwartungsvolle Hybris. Wenn auch die Nachbarin der Mutter des Turnlehrers des Erfolgreichen interviewt ist, kratzt man Fotos aus dem Archiv und Anwesenheitslisten diverser Galas zusammen und kreiert völlig aus der Luft gegriffene Unterfangen, die der Erfolgreiche anzugehen gedenkt. Zum Beispiel: „Ruzowitzky dreht Casablanca-Remake mit Kidman und Clooney“.

Runde vier: Enttäuschte Niedertracht. Weil kein vernünftiger Mensch sich ständig mit solchen Erfindungen herumschlagen will, schraubt er irgendwann den Kontakt zu den Medien herunter. Die kratzen dann Fotos aus dem Archiv und Anwesenheitslisten diverser Galas zusammen und kreieren Skandale. Zum Beispiel: „Ruzowitzky feierte Drogenparty mit Amy Winehouse und Pete Doherty.“

Vielleicht kann Florian Henckel von Donnersmarck „unserem“ Oscar-Gewinner einen Makler in Los Angeles vermitteln. Die Vereinnahmungshenker drehen nämlich schon am patriotischen Würgeeisen.


oliver.grimm@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2008)

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