Ich, Karla Kolumna

Benjamin Bluemchen 'Benjamin Bluemchen als Cowboy'
Benjamin Bluemchen 'Benjamin Bluemchen als Cowboy'(c) ORF
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Wir haben derzeit ein Hörspielkind daheim, das auf dem letzten glücklicherweise noch im Haushalt verbliebenen Kassettenrekorder die alten Benjamin-Blümchen-Abenteuer seines Vaters rauf und runter hört.

Wir haben derzeit ein Hörspielkind daheim, das auf dem letzten glücklicherweise noch im Haushalt verbliebenen Kassettenrekorder die alten Benjamin-Blümchen-Abenteuer seines Vaters rauf und runter hört. Andere Kinder, die zu Besuch sind, starren oft fassungslos auf die Kassetten. Erzählt man ihnen dann, dass die Menschen früher eben Kassetten statt CDs gehört haben, ist man mit ungläubigen Blicken konfrontiert, die einem vor Augen führen, wie lang die eigene Kindheit schon her ist. (Und nein, liebe vierjährige L.: Die Dinosaurier haben zu der Zeit, als ich klein war und Kassetten gehört habe, schon länger nicht mehr gelebt. Aber danke der Nachfrage.)

In meiner Kindheit war die Kassette State of the Art. Schlagartig hatte ich, als ich einen Walkman bekam – damals das coolste Teil, das man besitzen konnte, das iPad der späten 1980er sozusagen – hohe Beliebtsheitswerte in meiner Siedlung. Sogar die großen Buben kamen plötzlich auf Besuch. Gut, sie saßen mit meinen Kopfhörern vor meinem Walkman und hörten TKKG-Kassetten, ohne mich weiter zu beachten. Aber sie waren da.

Das Kind jedenfalls liebt Benjamins Abenteuer, und als Elternteil kann einem da wirklich nichts Besseres passieren: Es sitzt oft stundenlang da, malt und hört dabei zu, was Benjamin als Sheriff oder Zoodirektor so erlebt. Man selbst kann ohne minütliche Unterbrechungen (Klassiker: „Mama, komm!“ – „Was brauchst du denn?“ – „Komm!“ – „Sag mir bitte, was du brauchst!“ – „Komm!“) kochen, aufräumen, ja, sogar lesen.

So in etwa hat sich das Leben also in der Prä-Kind-Ära angefühlt. Dank der überdrehten Nebenfigur Karla Kolumna – einer rasende Reporterin, die das schönste „Hallöchen“ nach Renate Brauner hinbekommt – ist auch mein Beruf für das Kind attraktiv geworden. „Du arbeitest so was wie die Karla, oder?“ fragt es. Ich vermeide zwar schon seit immer die Berufsbezeichnung „rasende Reporterin“ und helfe eher selten sprechenden Elefanten, aber natürlich sage ich: „Ja, genau, wie die Karla Kolumna.“ Selten war das Kind so stolz auf mich. Aber hallöchen.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2014)

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