Die Jungen jammern über die Doppelbelastung, die Älteren über den Pensionsschock.
Langsam erfährt die arbeitende Mutter, warum es Doppelbelastung heißt und nicht Doppelfreude. Egal, wie viel Freude das Kind zu Hause bereitet und wie viel Freude man bei der Arbeit im Büro empfindet, die Belastung schleicht sich von hinten an, zeigt dir erst bei Erschöpfung, dass es sich nicht ausgeht, auf zwei Baustellen 100 Prozent zu geben. In irgendeinem Motivationskurs für Burn-out-Gefährdete wurde letztens gesagt: „Arbeiten Sie nach dem 20-80-Prinzip – mit 20 Prozent Ihrer Kraft versuchen Sie, 80 Prozent Ihrer Leistung zu erreichen.“ Na hoffentlich fällt das niemandem auf, dass immer mehr Menschen so arbeiten und wir umgeben sind von 80-prozentigen Ergebnissen, obwohl wir uns 100-prozentige Produkte verdient hätten! Ach was, Perfektionismus wird überbewertet.
Eng verwandt mit der Umstellung zwischen Karenz und Dienst ist auch die Umstellung von Dienst auf Pension. Schon allein der Name der Zeit nach der Arbeit verwirrt: Ruhestand! Warum heißt das so? Vielleicht, weil man man danach in Ruhe liegt, während man vorher stand? Oder weil die Produktion steht, sobald man in Pension ist? Oder stellt man die geistige Betätigung ruhend, wenn der Dienst endet?
Den Pensionsschock verarbeiten übrigens die in Pension gegangenen Männer recht gut. Doch ihre Ehefrauen haben so ihre Probleme, wenn der Mann plötzlich 24 Stunden am Tag zu Hause ist, gar dreimal täglich Essen einfordert. Nachmittags schimpft der Pensionist gern über das „Hausfrauenfernsehen“, womit er die der Frau lieb gewonnene Ruhepause bei „Heute Österreich“ zerstört und stattdessen auf DMAX oder Sat1 Gold seine viel anspruchsvollere(!) Unterhaltung sucht. Solche Details erfährt die gestresste Mutter natürlich beim Ausspannen im Kaffeehaus, wenn am Nachbartisch ältere Damen sitzen, die vor ihren Gatten geflohen sind.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2014)