Ausrede für Trainingsmuffel: Der Wille zählt - oder nicht?

Ich lege hiermit ein Geständnis ab: Ich habe in den vergangenen zwei Wochen mein in dieser Kolumne hinausposauntes Ziel – mindestens drei Mal pro Woche zu laufen – klar verfehlt.

Ich schaffte es nur ein einziges Mal pro Woche. Ich weiß, was Sie jetzt denken. Aber ich versichere Ihnen: Das war keine persönliche Niederlage. Denn: Der Wille war ja da. Und der ist es ja, der zählt!

Ich versuche mein Gewissen derzeit jedenfalls mit dieser Floskel zu beruhigen. Und hoffe nach einer kurzen Erklärung dazu, warum ich gar so nachlässig war, auch auf Ihr Verständnis. Ich habe mir dafür extra eine Argumentationslinie zurechtgezimmert. Schuld an meinem vermeintlichen Rückschlag sind allein die zuletzt besonders widrigen Trainingsbedingungen. Ich war nämlich auf Urlaub. Schon klar: Mitleid darf ich mir wohl weder für meine Gruppenreise nach Südkorea noch für meinen Trip nach New York erwarten. Aber eine gewisse Anerkennung für meine Bemühungen, die darf ich mir doch wünschen!? Denn trainieren im Urlaub ist mit mehr Hürden verbunden als ich dachte. Eine kleine Kostprobe: Die Schwierigkeiten begannen beim Einpacken. Haben Sie schon einmal versucht, Laufschuhe in einen ohnehin prall gefüllten Koffer zu packen? Eben. Angekommen am Urlaubsort folgten die nächsten Herausforderungen. Wie findet man trotz des straffen Sightseeingplans und des Jetlags Zeit für eine Laufrunde? Und wer weiß schon, wie man in der Zehn-Millionen-Stadt Seoul eine geeignete Strecke findet? (Ein Tipp: Im Sportoutfit auf der Straße zu stehen und einen verwirrten Blick auf den großen faltbaren Stadtplan zu werfen hilft.) Und wie soll man bei einer Runde durch den derzeit herbstlich gefärbten Central Park der Versuchung widerstehen, ständig stehen zu bleiben und zu fotografieren? Ich weiß es bis heute nicht.

Doch wenn ich mir nun die Bilder ansehe, dann wird mir eines bewusst: Es mag schon sein, dass der Wille zählt. Aber mit Sicherheit nicht so viel, dass es entschuldbar ist, nicht noch eine Laufrunde im Central Park gedreht zu haben. Ich war wohl doch ein Trainingsmuffel.

E-Mails an:julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)

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