Wieso mein Vorgarten kein Wolfgang-Freitag-Platz wird

200 Quadratmeter, drei Schilder: Schaumayerplatz, Döbling.
200 Quadratmeter, drei Schilder: Schaumayerplatz, Döbling.(c) Die Presse (Wolfgang Freitag)
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Was macht einen Platz zum Platz?

Die vorwöchig hier gestellte Frage wartet noch darauf, über den da exemplifizierten Firnbergplatz hinaus beantwortet zu werden. Schließlich: Ein Irgendetwas wie der Kagraner Firnbergplatz mag als Kuriosum durchgehen, kann aber unmöglich die hierorts gängige Interpretation des Platzbegriffs repräsentieren. Oder doch? 50 Meter, einer belanglosen Vorstadtstraße von ihrem Ende her abgezwackt, und schon ist er fertig, der Platz?

Nehmen wir einmal an: Platz ist, wo man Platz hat. Ganz einfach. Zu einfach vielleicht. Auf einem Globus, der sich anschickt, demnächst von mehr als acht Milliarden Menschen bevölkert zu werden, ist Platz schließlich zwangsläufig ein knappes Gut. Sicher, die acht Milliarden werden nicht allesamt in Wien unterkommen wollen, aber hört man, was uns in Sachen Bevölkerungszuwachs Bürgermeistervater und Vizebürgermeisterinnenmutter beständig an die Rathauswand malen, möchte man meinen, allzu viel könne nicht darauf fehlen.

Die Folge liegt auf der Verkehrsflächenbenennungshand: Wo es an Platz mangelt, müssen Plätze kleiner werden. Zwei Jahre, nachdem 2010 noch 50 Meter Wintzingerodestraße darauf verschwendet wurden, den Firnbergplatz zu konstituieren, waren 40 Rysergassen-Meter schon genug für einen ganzen Ottillingerplatz, Wien Liesing. Motto: Platz ist alles, was für eine Straße zu schmal und für eine Gasse zu kurz ist. Und nimmt man den vergangenes Jahr benannten Schaumayerplatz, Wien Döbling, als Maß, dann ist Platz für einen Platz noch in der kleinsten Schrebergärtnerei: ein schlichtes Rasendreieck von kaum 200 Quadratmetern, drei Straßenschilder, an jeder Dreiecksseite eines, fertig ist der Schaumayerplatz.

Was mich – so besehen – einzig daran hindert, den Vorgarten vor meinem Haus zur Benennung in Wolfgang-Freitag-Platz einzureichen, ist allzu offenkundig: Ich bin leider noch am Leben, Verkehrsflächenbenennungen in Wien gibt's erst nach dem Tod. Und bis es so weit ist, reicht vielleicht auch schon mein Fußabstreifer.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2015)

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