Steckperlenwahnsinn

Bügelperlenbilder
Bügelperlenbilder(c) Wikipedia
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Ich weiß nicht, wie Sie es mit dem Bügeln halten, aber bei uns daheim kennen das Bügelbrett und ich einander nur vom Hörensagen.

Ich weiß nicht, wie Sie es mit dem Bügeln halten, aber bei uns daheim kennen das Bügelbrett und ich einander nur vom Hörensagen. Dass das Bügeleisen und ich uns nach vielen Jahren wieder einmal getroffen haben und uns jetzt eine lose Bekanntschaft verbindet, liegt nicht daran, dass ich einen Bügelrappel bekommen habe, sondern daran, dass das Kind seit einiger Zeit ein Bügelperlenkind ist.

Kennen Sie Bügelperlen? Sie hören auch auf den Namen Steckperlen, sind klitzekleine zylinderförmige Teile in allen erdenklichen Farben, die man auf dafür eigens zu erwerbende Plastikunterlagen stecken und dabei Figuren erschaffen kann. Auf das derart fertig gestellte Endprodukt wird das erhitzte Bügeleisen gepresst, wodurch die Perlen miteinander verschmelzen und man ein fertiges Steckbild erhält, das man von der Unterlage löst und fortan in der Wohnung völlig zweckfrei herumliegen hat.

In der Theorie. In der Praxis ist es nämlich so, dass das Kind zwar Pferde, Krokodile und Hello Kittys stecken will, das ganze Projekt aber während einer der oben erwähnten Phasen der Herstellung scheitert. Fast immer beim Transport des fertigen Bildes zum Bügeleisen, da braucht nur ein Lufthauch durch das Zimmer streichen, schon fegt es die Steckteile von der Unterlage. Übersteht man diese Phase, ruiniert die mit der Bedienung des Bügeleisens nicht übertrieben begabte Mutter das Bildchen beim Bügeln. Ein paar Perlen verschmelzen, der Rest bröckelt ab, die Mutter beginnt so hektisch wie erfolglos, den Steckperlen-Teilschaden zu beheben.

Tatsächlich ist es so, dass das Argument pro Steckperlen – „Da lernt das Kind, an einer Sache dranzubleiben“ – vorwiegend für mich gilt. Geduld, wie auch Nerven, sind schnell aufgebracht, wenn man diese für Erwachsenenhände viel zu kleinen Teile handhaben muss. (Noch schlimmer gar als das viel zu enge Barbiegewand, das man mit ausgewachsenen Händen kaum schmerzfrei auf die Plastikpuppen bekommt.) Während das Kind beste Laune hat, bin ich nach der Mithilfe bei einem Steckbild verspannt, verschwitzt, grantig und durstig.

So kannte ich mich bisher nur beim Bügeln.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2015)

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