Unverträglichkeiten

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Fiese Sulfite, böse Laktose: Sich mit Freunden zum Essen zu verabreden war schon einmal einfacher.

Ich weiß nicht, ob man als Mittzwanziger so etwas schon sagen darf, aber: Früher, da war die Welt noch in Ordnung. Zum Beispiel bei den Allergien. Da reagierte man höchstens auf Gräser und Birke mit Niesen und Schnupfen – oder im schlimmsten Fall auf Katzenhaare. Bei mir waren es vor einigen Jahren Pollen und Hausstaub, die einen überhöhten Konsum an Papiertaschentüchern provoziert haben. Bodenständige Allergien eben. Aber heute, da kommen die Leute mit den exotischsten Unverträglichkeiten daher: Meeresfrüchte, Laktose, Gluten, Fruktose, Sulfite und Histamine sind plötzlich tabu.

Um diese These zu bestätigen, muss man nur einen Blick auf meinen Freundeskreis werfen. Dort findet sich das Who's who der Nahrungsmittel-Intoleranzszene. Es gibt so gut wie niemanden, der alles essen kann. Das tut mir nicht nur leid für die Betroffenen. Es ist auch furchtbar unpraktisch. Vor allem, wenn wir uns zum Essen verabreden wollen.

Da hilft es auch nicht, dass sich die Speisekarten seit Kurzem lesen wie ein Songtext der Fantastischen Vier, weil jedes Allergen einzeln ausgeschildert werden muss. Freundin L. zum Beispiel ist nicht nur Vegetarierin und laktoseintolerant. Auch Histamine verträgt sie seit Neuestem nicht mehr. Damit ist die kulinarische Auswahl relativ begrenzt. Besonders, wenn man darauf Wert legt, dass L. nicht mit einem aufgedunsenen Gesicht das Lokal wieder verlässt. Freundin M. schlagen hingegen besonders fetthaltige Lebensmittel auf den Magen. Und nach zwei Gläsern Wein fühlt sie sich sofort wie andere erst am Morgen danach. Zu allem Übel gesellt sich zu der Runde manchmal auch Freundin B. hinzu. Sie leidet zwar nicht an einer Unverträglichkeit, ernährt sich aber einem neuen Trend folgend wie in Zeiten des Paläolithikums. Brot und Pasta sind Geschichte. Genauso wie Burger, Limonaden und Mehlspeisen.

Neulich haben wir uns auf ein Glas Wasser getroffen. Im Wiener Katzencafé.

E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)

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