Von den Frankfurtern kommt man nie mehr los

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Das mit der Wurst ist vielleicht doch nicht so ein gutes Thema, weil es heiß hergeht.

Dass die üblichen Verdächtigen sofort überschäumen und sich angegriffen, ja sogar in ihrer Lebensweise bedroht fühlen, ist nicht überraschend. Aber sogar üblicherweise gelassene Mitmenschen wirken recht aufgewühlt. „Je suis Salami“, meint ein Kollege in Anspielung auf die Solidaritätserklärung „Je suis Charlie“ nach dem Anschlag gegen das französische Satiremagazin. Die besten Wortspiele mit der Wurst sind nun gemacht („wurst case“), nur eine Sache blieb bisher unbeleuchtet: Wie die große Liebe zur Wurst eigentlich entsteht.

Es gibt ein „Wurst-Gen“, hat die Zeitschrift „Eltern“ schon vor Jahren aufgedeckt, und damit Eltern beruhigt, die sich Sorgen um die Essensvorlieben ihrer Kinder machten. Vor allem Extrawurst und Frankfurter sind mit ihrem Instant Kick für Kleinkinder wohl nur mit dem Suchtpotenzial von Crystal Meth zu vergleichen. Selbst Kinder, die bisher von allem Bösen ferngehalten wurden, verfallen beim ersten Kontakt mit Würstel in Seligkeit. (Übrigens funktioniert das auch mit vegetarischen Wurstsorten.)

Nach dieser verhängnisvollen ersten Wurst gibt es jahrelang keinen Kindergeburtstag mehr, bei dem nicht Würstel aufgetischt werden. Kein Wunder: Es schmeckt ja allen. (Andererseits: Es gibt meist auch nichts anderes, und so ein Geburtstag macht ganz schön hungrig.) Nach prägenden Jahren, in denen Feiern also untrennbar mit Frankfurtern verbunden werden, ist man entweder für immer geheilt oder kommt nie mehr wieder davon los. Der nette Fleischhauer, der einem immer eine Scheibe Extra schenkt, gehört auch zu den einprägsamen Kindheitserinnerungen. Nie schmeckt die Wurst besser als mit den Fingern aus dem Papier.

Es geht vielleicht also bei all der Aufregung um die gesundheitsschädlichen Aspekte der Wurst auch darum, was wir rund um sie und mit ihr schon alles erlebt haben. Aber keine Sorge: Das nimmt uns niemand weg.

E-Mails an:friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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