Die Unfähigkeit, zu Geld einfach Geld zu sagen

Topf voller Geld
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Die krampfhafte Suche nach Synonymen, um nur ja nicht Geld beim Namen nennen zu müssen.

Warum muss Geld eigentlich lieb sein? Gerade dann, wenn es in einem seufzenden Ton der Resignation genannt wird – und das wird es oft –, ist dieser Ausdruck von Zuneigung so überhaupt nicht angebracht. Aber über Geld spricht man nicht, heißt es. Und wenn schon, vermeidet man tunlichst, es bei seinem nüchternen Namen zu nennen. Dabei erinnert die Unfähigkeit, zu Geld einfach Geld zu sagen, an die peinliche Beklommenheit, mit der krampfhaft nach Synonymen gesucht wird, um nicht ein Geschlechtsteil mit seinem Namen aussprechen zu müssen. Es ist das „He, who must not be named“, mit dem in Harry Potters Welt der böse Voldemort bezeichnet wird.

Und so spricht man dann vom Zaster, abgeleitet von „sáster“, dem Wort für Eisen im Romanes. Oder bemüht das Moos, das vom Hebräischen „ma'oth“ kommt, was so viel wie Kleingeld bedeutet – und ohne das (Achtung, Phrasenschwein) nix los ist. Gern wird auch von Schotter gesprochen, der wiederum auf ein Missverständnis zurückzuführen ist – nämlich vom Kies, der in diesem Zusammenhang nichts mit Steinen zu tun hat, sondern vom Hebräischen „kis“ (Beutel) abgeleitet wurde. Dann wäre da noch der Mammon, vermutlich vom aramäischen Wort „mamona“, das für Besitz steht – und gern mit dem schönen Adjektiv „schnöde“ versehen wird, um eine verächtliche Note ins Spiel zu bringen. Nicht zu vergessen das Wort Pinkepinke, das auf „pinka“, hebräisch für Geldbeutel, zurückgehen dürfte.

Doch trotz dieser Vielfalt gibt es immer noch Menschen, denen die Worte fehlen. Sie reiben dann den Daumen an Zeige- und Mittelfingerspitzen. Und setzen dabei einen verschwörerischen Blick auf – wir wissen, was hier gespielt wird. Die Kröten sind in Wirklichkeit Mäuse, die alle Marie heißen. Aber Marie wird nur selten als lieb bezeichnet. Die Arme.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2015)

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