Gatschhosen für alle

RODELN IM WIENER PRATER
RODELN IM WIENER PRATER(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Bei Stadtmenschen mit Kindern löst der Schnee, wenn er endlich einmal kommt, einen ungeheuren Stress aus.

Bei Stadtmenschen mit Kindern löst der Schnee, wenn er endlich einmal kommt, einen ungeheuren Stress aus. Weil du weißt, der bleibt nur kurz weiß und vor allem: Der bleibt überhaupt nur kurz da. Rodeln also jetzt oder nie. Diesmal war das kurze Schneedecken-Intermezzo vom Timing her günstig: gerade noch Ferien, viele hatten noch frei, da sah man die ersten Eltern mit ihren Kindern in der einen, den Bobs in der anderen Hand durch die Großstadtstraßen ziehen. Zwar ist die Schneedecke schnell mehr grün und braun als weiß, aber das reicht bei einem Stadtkind schon fürs Glück.

Schnee hat auf Kinder übrigens denselben Effekt wie das Wasser im Freibad: Er bringt so unglaublich viel gute Laune und Unbeschwertheit, da vergisst du als Mutter den ganzen Aufwand rundherum (Tee, den dann dort eh niemand trinkt, in die Thermoskanne füllen, Handschuhe suchen, Rodel aus dem Keller holen, Schicht um Schicht anziehen, Kind muss aufs Klo, Schicht um Schicht ausziehen, alles von vorn, vom nassen Gewand danach gar nicht zu reden). Wie im Sommer im Wasser, wo den Kindern nach eigenen Angaben auch nie kalt wird, selbst wenn die Lippen schon ganz blau sind, würden Kinder im Winter nie zugeben, beim Rodeln zu frieren in ihren Gatschhosen. Überhaupt Gatschhosen: Die sollten endlich auch für die Eltern salonfähig werden, die fröstelnd und mit den Zehen auf- und abwippend im Park herumstehen und ihre Rodelkinder beobachten. Und dabei den einen oder anderen Kinderwitz aufschnappen („Wie heißt ein weißes Mammut?“).

Kalt wird einem schon auf dem Hinweg, weil das Kind ein großes H in die Schneeschicht auf jeder Motorhaube malt. Wieso ein H, frage ich? (Das Kind hat keinerlei Hs in seinem Namen). Nur so, sagt das Kind, damit sich die Autofahrer wundern. Auf dem Rückweg wird dann natürlich akribisch geschaut, ob die Hs eh noch alle da sind, und siehe da – bei einem hat jemand zwei Buchstaben dazugemalt. HDL steht da jetzt. Hab dich lieb. Ist doch nett.

Und Hellmut. Ein weißes Mammut heißt Hellmut. Der ist nicht schlecht, oder?

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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