Heringssalat, Spinat und Kaiserschmarren am Freitag

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Am Aschermittwoch spielten sich rund um Fischgeschäfte tumultartige Szenen ab.

Menschen standen in Schlangen, um frischen Fisch und Heringssalat zu kaufen. Um die Fortführung unserer Kultur brauchen wir uns also wirklich keine Sorgen zu machen. Am Gründonnerstag gibt es dann Spinat, und am Karfreitag wird der Kauf einer Wurstsemmel von der Umgebung mit strafenden Blicken geahndet. Manchmal sogar kommentiert.

Manche Traditionen sind fest in uns verankert, ob wir nun katholisch sind oder nicht, meint ein Kollege. Die Hülle steht noch, auch wenn innen Leere herrscht. Es fällt kaum jemandem auf, dass freitags in Kantinen, auch in Schulen, Süßspeisen und Fisch auf dem Speiseplan stehen und eher kein Fleisch. Das ist so, das bleibt so. Bei der Oma hat es Ende der Woche auch immer Kaiserschmarren gegeben und Zwetschkenfleck, und wenn man nun selbst Palatschinken macht, dann ist das eher an einem Freitag, ohne dass man sich das bewusst vorgenommen hat.

Natürlich gibt es viele Menschen, die einen tieferen Sinn dahinter sehen. Die etwa auch das vorösterliche Fasten aus den ursprünglichen Gründen praktizieren, die bewussten Verzicht üben wollen, eine innere Einkehr suchen. Von denen hört man aber nicht so viel. Dafür sehr viel von denen, die Fasten mit Abnehmen gleichsetzen. Ist ja eine gute Idee, wenn man beschließt, weniger zu essen, um gesünder zu sein und besser im Bikini auszusehen. Aber muss man das mit heroischer Geste allen kundtun? Andere öffentlich zu der „Herausforderung“ einzuladen, auf Schokolade, Alkohol oder was auch immer zu verzichten? Mit großen Augen zu sagen, ach so, du willst das nicht, mal auf ein Laster verzichten.

Nein, ich schaff das nicht. Aber ich schaffe es, einmal nichts zu sagen. Etwa, dass der wahre Verzicht ist, darauf zu verzichten, allen von seinem Verzicht zu erzählen.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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