Das Stadtpark-Trumm und die Welterbe-Trümmer

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Seit Kurzem also ist es onlinekundig:

Icomos, der Internationale Denkmalrat, Berater der Unesco in allen Fragen des Weltkulturerbes, stellt dem umstrittenen Hochhausprojekt der Wertinvest für das Areal des Wiener Hotels Intercontinental samt angrenzendem Eislaufverein ein desaströses Zeugnis aus: Im Zusammenhang mit dem „außergewöhnlichen universellen Wert“ der Welterbestätte Historisches Zentrum Wien sei es schlichtweg „unannehmbar“. Denn: Das Projekt sei geeignet, genau diesen außergewöhnlichen universellen Wert „irreversibel“ zu schädigen (whc.unesco.org/en/documents/140325). So weit, so gar nicht gut.

Was mich betrifft, muss ich an dieser Stelle einbekennen, kein begeisterter Parteigänger des Weltkulturerbe-Gedankens zu sein. Sosehr mir Ererbtes und sein Wert Anliegen sind, so wenig mag ich in einer Welt leben, die vor lauter Begeisterung für die Vergangenheit auf die Gegenwart vergisst und also für die Zukunft von sich selbst nichts zu vererben haben wird. Warum dennoch sogar für mich die Icomos-Expertise in diesem Fall erwähnenswert ist? Weil man städtischerseits offenkundig nicht bereit ist, auf deutlich schwerer wiegende, inhaltlich wirklich triftige Einwände gegen das Wertinvest-Projekt zu hören. Folglich bleibt gar nichts anderes übrig, als ins Wehklagen über den dräuenden Verlust des Weltkulturerbestatus einzustimmen, statt darüber zu reden, worum es wirklich geht: nämlich darum, ob denn das geplante, untermittelprächtige 73-Meter-Trumm mit diesem (Luxus-)Nutzungskonzept an diesem Standort irgendjemand braucht. Abgesehen vom Investor und seiner Entourage.

Dass die gestalterischen Gegebenheiten in bester Stadtparklage, zwischen Lothringer Straße und Heumarkt, derzeit – wie soll man sagen? – unbefriedigend sind, darüber wird sich rasch Einigkeit herstellen lassen. Darüber, dass die Lösung des Problems nicht darin bestehen kann, einen alten Pallawatsch durch einen neuen zu ersetzen, wohl auch. Fehlt nur, danach zu handeln. Weltkulturerbe hin oder her.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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