Mit Fettglasur lässt sich kein Punschkrapfen bewerben

(c) FABRY Clemens
  • Drucken

Manche Begriffe eignen sich nicht dazu, sie als verkaufsförderndes Argument einzusetzen.

Nicht jedes Adjektiv wird von einer verkaufsfördernden Aura umweht. Zumindest nicht bei jedem Produkt. Bei Ärzteseife mag es ja plausibel klingen, wenn man sie als „überfettet“ anpreist. Bei Lebensmitteln sind die Zeiten, in denen der Begriff „fett“ positiv besetzt war, vorbei. Eine möglichst hohe Anzahl an Fettaugen galt früher noch als Qualitätsmerkmal, heute mag man die Suppe lieber blind. In der Küche wirft man das Fleisch auch nicht mehr ins heiße Fett, sondern maximal ins Öl. Und selbst das hat einen reduzierten Fettgehalt, der auch gern offensiv angepriesen wird. Spannend, wie man mit weniger von etwas ein Mehr suggerieren kann. Aber gut, es gibt ja sogar ein Gesetz, das das absolute Fehlen von allem als wünschenswerten Zustand festschreibt – das 1999 beschlossene Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich. Sprachlich ist das ein ähnlicher Murks wie ein Label auf Lebensmitteln, das sie als genfrei anpreist. Das ist maximal noch hirnlos.

Aber zurück zum Fett. Und damit zu einem wichtigen Kapitel der österreichischen Dessertgeschichte, dem Punschkrapfen. Derer gibt es nämlich verschiedene. Das Original wird mit Zuckerglasur gemacht. Manche günstige Variante, oft im Mehrfachpack, wird dagegen mit einer Fettglasur überzogen. Der Unterschied ist, wenn schon nicht beim Namen und mit freiem Auge, spätestens beim Anbeißen erkennbar. Die Zuckerglasur gibt unter den Zähnen mit einem weichen „fffd“ nach. Die Fettglasur dagegen bricht mit einem Geräusch, das am ehesten nach „kchrk“ klingt, so wie die Schokohülle beim Eis. Das wird in der Bewerbung auch recht lasziv dargestellt, mit Nahaufnahme von Schmollmund und Zähnen, unter denen die Schokohülle aufknackt wie der Bodenbelag der Westautobahn nach einem Frostschaden. Shine on, you crazy Fettglasur! Komisch, dass den Slogan noch nie jemand verwendet hat.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.