Ein Unding namens Kulturbeutel

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Was ist das für eine Kultur, bestehend aus Einwegrasierern, Insektenspray und Ohrstäbchen?

Manche Leute finden Packen lästig. Ich nicht. Mit unbändiger Vorfreude hole ich vor jeder Urlaubsreise den Koffer aus dem Schrank und staple meine Kleidung zu waghalsigen Stößen.

Lästig finde ich nur eines: dieses Unding, das ja eigentlich nicht groß ist, aber im Koffer nie recht Platz haben will. Und zu allem Überfluss keinen vernünftigen Namen hat. „Necessaire“, die frankophil-diskrete Umschreibung der gehorteten Kosmetika und Hygieneartikel, ist kaum mehr zu hören. Schade irgendwie.

Meine Mutter – und vermutlich die Mehrheit der österreichischen Urlauber, die sich in den Achtzigern und Neunzigern an die Badestrände Italiens und Griechenlands aufmachten – nannte das „Notwendige“ dann „Toilettetascherl“. Ich erinnere mich an bunt gescheckte Modelle mit Zipp und so unförmig, dass man darin mit Sicherheit nichts mehr finden konnte. Seit einigen Jahren schwirrt nun ein neuer Begriff durch das Urlauberuniversum: Den sogenannten „Kulturbeutel“ haben wir wohl den deutschen Parfumerieketten zu verdanken, die es sich auf dem heimischen Markt bequem machen. Die perfideste Bezeichnung überhaupt: Was ist das für eine Kultur, die man im Beutel ins fremde Land trägt, bestehend aus Einwegrasierer, Insektenspray und Ohrstäbchen? Und während die eine oder andere feine Dame heute noch unverdrossen ihr (oder ihren?) „Beautycase“ befüllt, haben sich die Backpacker zur Distinktion etwas ganz Abenteuerliches ausgedacht: den „Waschsalon“, wie großspurig bei einem einschlägigen Outdoor-Anbieter zu lesen ist – ein armseliges faltbares Nylontäschchen mit viel zu vielen Fächern.

Und ich? Ich boykottiere die Beutel und Täschchen beharrlich. Und packe meine Reisekosmetika seit Jahren in ein Plastiksackerl. Das hat Platz in jedem Koffer.


("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2009)

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