Spring, Ball, spring!

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Wir haben einen neuen Ball gekauft, der kann 22 Meter hoch springen.

Wir haben einen neuen Ball gekauft, der kann 22 Meter hoch springen. Zwei-und-zwanzig Meter! Und obwohl das Kind keine Ahnung hat, wie hoch das ist, ist es natürlich schwer beeindruckt. Hinzu kommt – und das war letztlich das entscheidende Kaufmotiv, 22 Meter hin oder her –, dass im (durchsichtigen) Ball hunderte kleine Plastikschmetterlinge eingepfercht wurden, die beim Beppeln des Balls kreuz und quer hin- und hergeschmissen werden.

22 Meter also. Steht so auf dem Ball. Das Kind zeigt auf einen Baum. „Ist der 22 Meter hoch?“, fragt es. Nein, sage ich, 22 Meter sind viel, viel mehr. So wie das Haus? Ja, so in etwa wie das Haus. So hoch soll der Ball springen? Das will das Kind natürlich sehen. Mama, mach das mal. Genau. Mach das mal. Das haben sie sich clever ausgedacht, die Rekordhöhen-Springball-Erfinder. Weil selbst wenn dieses runde Ding so hoch hinaufkäme, wo genau in der dicht verbauten Stadt kann man es denn überhaupt versuchen? Muss man den Ball vom obersten Stockwerk eines Hauses auf den Gehsteig werfen und schauen, ob er boomerangartig zu einem zurückspringt? Klingt irgendwie gefährlich. Wir schleudern ihn also ein bisschen auf dem Spielplatz auf den Boden, tatsächlich springt er dabei immer höher, leider auch immer unkontrollierter, weshalb wir in den Fußballkäfig übersiedeln. Der hat oben ein Netz drüber, was gut ist, weil der Ball so nicht entkommen kann, was aber auch schlecht ist, weil seine Rekordversuche halt bei vier, fünf Metern Höhe enden müssen. Während draußen schon leicht unrund die Teenager-Buben mit ihren schmetterlingsfreien Fußbällen warten, bis die Frau und das Kind, die scheinbar sinnbefreit einen großen Gummiball auf den Boden knallen, endlich den Fußballplatz freigeben.

Nein, das mit den 22 Metern hat also nicht geklappt, aber wenn Sie einen Porsche haben, geht es Ihnen auch nicht anders. Der kann theoretisch auch viel schneller fahren als gesetzlich erlaubt, weshalb man sein Potenzial nie richtig ausschöpft. Wie unser Ball, der vielleicht nie die 22 Meter hoch fliegen wird. Aber es ist gut zu wissen, dass man's hat, wenn man's braucht.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2016)

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