Amerikas prekärer Sommer

(c) APA/AFP/JIM WATSON
  • Drucken

Reden wir über das Wetter. Hier in Washington erreichen die Temperaturen seit gut drei Wochen mehr als 30 Grad.

Seit einer Woche gibt der nationale Wetterdienst jeden Tag eine Hitzewarnung aus, zuletzt von Mittag bis Mitternacht. Sie haben richtig gelesen: Selbst mitten in der Nacht ist es für ältere Menschen, chronisch Kranke und kleine Kinder gesundheitsgefährdend, klimatisierte Räume zu verlassen. Am Sonntag betrug die gefühlte Temperatur angesichts der gleichzeitig hohen Luftfeuchtigkeit 115 Grad Fahrenheit: Das sind mehr als 46 Grad Celsius. Der einzige Vorteil an dieser Affenhitze: Sie scheint auch die sonst ab Juni allgegenwärtigen Gelsen derart zu ermatten, dass sich ihre Angriffe derzeit im erträglichen Rahmen halten.

Während also die Klimaanlage rund um die Uhr brummt und wir Ausflüge in Washingtons Museen nach deren Nähe und Raumtemperatur auswählen (derzeitiger Favorit: die Phillips Collection. Kühl, gratis, gute Mehlspeisen im Café und Renoirs Meisterwerk „Frühstück der Ruderer“ zu bestaunen), ist die meteorologisch-klimatische Lage der USA deprimierend. In jedem meiner vier Sommer hier war in den Morgennachrichten von gigantischen Waldbränden im Westen und enormen Überschwemmungen an der Golfküste und im Mittleren Westen zu hören. Seit Wochen brennen nun schon die Wälder rund um Big Sur in Kalifornien, einen der schönsten Orte der Welt. Die Luftqualität ist deshalb nach amtlichem Befund derzeit gesundheitsschädigend, und all das bloß, weil ein verantwortungsloser Paradetrottel trotz ausdrücklichen Verbotes ein Lagerfeuer entzünden musste. Kaum ist dieser Waldbrand gerade einmal zu 60 Prozent unter Kontrolle, brennt es nun rund 150 Kilometer nördlich von San Francisco. Währenddessen lässt Starkregen die Flüsse im Süden Louisianas bis ins Ohio River Valley über die Ufer treten; schauen Sie sich das in einem Atlas an, da ist eine enorm große Region betroffen.

Brände, Fluten, sommerliche Verwüstung: Wenigstens der Blick auf Renoirs vergnügtes Déjeuner an den Ufern der Seine, in gemäßigten Breiten, tröstet die Seele.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.