Endlich ist heute

Schulanfang
Schulanfang(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Jetzt gehen sie also wirklich gleich zu Ende, die Ferien, und damit auch die unbeschwerte Zeit als Kindergartenkind.

Jetzt gehen sie also wirklich gleich zu Ende, die Ferien, und damit auch die unbeschwerte Zeit als Kindergartenkind. Wobei selbiges den Schulbeginn seit Monaten kaum erwarten kann. (Wie hoch dabei der Anteil der Vorfreude auf die Schultüte ist, sei dahingestellt.) Montagfrüh beim Aufwachen wird das Kind vermutlich jenen Satz sagen, den es an wichtigen Tagen (Geburtstag, Abfahrt in den Urlaub) gern spricht: „Endlich ist heute.“

Auf der Zielgeraden zum Schulanfang haben wir noch schnell ein paar Dinge geübt, die inoffiziell zur Schulreife dazugehören. Eine Masche am Schuh binden zum Beispiel. Das gehört zu jenen Dingen, die man zwar selbst blindlings beherrscht, die man einem Kind aber nur schwer vermitteln kann. Unerfolgreicher (wenn auch weniger lebensnotwendig) war bisher nur das Bemühen, dem Kind das Hervorbringen von Kaugummiblasen beizubringen. Kompliziert ist auch das Lesen der Uhrzeit. Wieso es „dreiviertel neun“ ist (oder auch „viertel vor neun“ oder gar „8.45 Uhr“) wenn der große Zeiger genau auf der Neun steht, ist sehr, sehr schwer vermittelbar. Etwas besser klappt es mit der digitalen Uhrzeit. Das Kind hat nämlich den Auftrag, nach dem Aufstehen bei der digitalen Anzeige am Fernseher zu schauen, wie spät es ist. Steht vorne „null sechs“ (also etwa 06.30 Uhr), soll es gleich wieder ins Bett gehen. Erst wenn es vorn einen Achter sieht, handelt es sich um eine legitime Aufstehzeit. (Ja, so spät sind wir bisher aufgestanden.) Das hat das Kind zwar theoretisch verstanden, praktisch läuft es dann leider so, dass es die Uhrzeit liest und mich etwa mit „Das wird dir jetzt nicht gefallen, aber es ist erst null sechs zwei drei“ (also 06.23 Uhr) weckt, oder einem „Es ist null sieben eins vier, ich wecke dich eh nicht, aber ich wollte dir nur sagen, dass ich schon auf bin“.

Ab Montag ist es eh vorbei mit dem Schlafen bis null sieben eins vier. Und wenn Sie Ihrem Kind übermorgen eine Schultüte überreichen, erwähnen Sie nebenbei, dass es die nur zum Beginn der ersten Klasse gibt. Mir hat das damals nämlich keiner gesagt. Die Enttäuschung in der zweiten Klasse war enorm. In diesem Sinne: Einen schönen Schulstart. Und: Ein Hoch auf den Klettverschluss!

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2016)

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