Ein Wiedersehen mit dem Audimax

(c) Clemens Fabry
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Menasse hält eine Solidaritätsvorlesung. Manche werden eben nie erwachsen.

Was soll man von der Audimax-Besetzung halten? Schwierige Frage. Schließlich war man selbst einmal jung. Und ich wäre seinerzeit wohl auch hingegangen, aus Neugier, aus Adabei-Attitüde, und weil solche Revoluzzerdramen zwischen Party und Pose eben doch sehr anziehend wirken. Nach kurzer Zeit wäre ich aber kopfschüttelnd ins nächste Kaffeehaus weitergezogen. Auch das derzeitige Spektakel hat etwas Sektiererisch-Karnevaleskes an sich. Ein wirkliches Ziel, außer Selbstdarstellung, gibt es bei solchen Veranstaltungen ja eher selten – da ist von „Solidarität mit Kuba“ über simples Wissenschaftsministerbashing bis zur gegenderten Toilettenaufschrift alles bunt zusammengewürfelt. Den Studenten, eine der medial am meisten verhätschelten Bevölkerungsgruppen, lässt man das allerdings locker durchgehen, sie würden sich „politisieren“, heißt es dann gern. Solch eine Lobby hat der Bauarbeiter, der täglich um sechs Uhr früh aufsteht, um mit seinen Steuern das Studium der anderen zu finanzieren, nicht.

Mich haben diese inner- und außeruniversitären Berufsrevolutionäre, als ich in den Neunzigern auf der Uni war, mit der Zeit derart genervt, dass ich 1995 knapp davor war, aus Protest Wolfgang Schüssel zu wählen. Ich war dann aber doch stark genug und habe widerstanden. Wahrscheinlich hat er deswegen die Wahl trotz gegenteiliger Erwartungen doch nicht gewonnen. Dafür kam Heide Schmidt noch einmal, ein letztes Mal, ins Parlament.

Dass Robert Menasse im besetzten Audimax eine Solidaritätsvorlesung hält, wie am Nationalfeiertag geschehen, darauf hätte man risikofrei größere Summen wetten können. Manche Menschen werden eben nie erwachsen.


oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2009)

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