Mein Freitag

Die Wutfahrer

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In Wien lässt jeder Verkehrsteilnehmer seinen Ärger auf die Welt auf den Straßen aus.

Keine Ahnung, woher diese tollen Anekdoten kommen. Die von lustigen Fahrradfahrten, mit viel Bewegung und frischer Luft, bei denen man am Ende total entspannt ins Büro kommt und den Kopf für die Arbeit frei hat. Sie können jedenfalls nicht ihren Ursprung in Wien haben, denn hier hat jeder Verkehrsteilnehmer ein ganz offensichtliches Aggressionsproblem. Möglicherweise ist das ein Grund, warum die Stadt ansonsten verhältnismäßig friedlich und sehr lebenswert ist: Jeder Verkehrsteilnehmer lässt seine Wut auf die Welt auf den Straßen aus.

Mein Freundeskreis ist da gar keine Ausnahme – und ich schon gar nicht.

Auf die Frage nach interessanten Erlebnissen über das Radfahren reagiert mein Umfeld sofort mit minutenlangen Schimpftiraden. Aber immerhin: Die Abneigung ist auf sämtliche Fortbewegungsmittel gleich verteilt. Wer mit dem Rad unterwegs ist, mag die Autofahrer und Fußgänger nicht, und umgekehrt. Kollegin B. kann sich aber auch leidenschaftlich über andere Radler beschweren, die, und ich zitiere, „langsam vor mir hergurken und mich dann überholen, bei Rot weiterfahren und dann wieder vor mir hergurken“. Freundin C. hat hingegen eine Fehde mit sämtlichen Autofahrern, die sie in Richtung Schienen und/oder geparkte Autos drängen wollen.

Als Fußgängerin meide ich wiederum schon den Ring, weil die ständig wechselnde Bodenmarkierung zwischen Passanten und Radlern nur ein perfider Plan der ÖVP für mehr Autofahrer im urbanen Gebiet sein kann. Sitze ich auf dem Rad, läuft es allerdings auch nicht besser. Letztens wollte mir ein Betrunkener den Inhalt seiner Wasserflasche über den Kopf schütten, als wäre ich beim Giro d'Italia.

Wenigstens vergisst man so den Stress in der Arbeit. Also eigentlich doch ganz entspannend.

E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2017)

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