Kolumne zum Tag

Dinge, an denen man merkt, dass man erwachsen ist

maennlicher Hinterkopf - a back of a male head
maennlicher Hinterkopf - a back of a male head(c) www.BilderBox.com
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Wenn man im Radio jedes Lied auf Anhieb erkennt und dann merkt, dass gerade ein Oldiesender läuft.

Wenn das eigene Handy läutet und die junge Kollegin sagt, dass sie die falsche Nummer gewählt hat, ist das nicht schlimm. Wenn sie dann allerdings ergänzt, dass sie eigentlich gerade ihren Großvater anrufen wollte, dann ist es wohl an der Zeit, sich Gedanken zu machen. Darüber, zum Beispiel, dass man im Radio beinahe jedes Lied an den ersten Takten erkennt – und plötzlich merkt, dass das ein Oldiesender ist, der da gerade eingestellt ist. Und dass man sogar bei den Backstreet Boys, die man damals ganz furchtbar fand, plötzlich mitsingen könnte – oder es tatsächlich macht. Weil es etwas Vertrautes ist. Und ähnlich jederzeit abrufbar wie die Titelmelodie von „Am Dam Des“ auf FS1 – und dann dieser verständnislose Blick auf der Gegenseite, was das nun wieder sein soll. Also die Sendung. Und FS1 eigentlich auch. Diese malle press, diese malle Pumperness, am dam des, möchte man ihr am liebsten entgegenschleudern. Aber vermutlich würde sie danach gleich wieder ihren Großvater anrufen wollen.

Dass man mittlerweile erwachsen geworden ist, merkt man aber auch an Dingen abseits von Kindheitserinnerungen und Popkultur. Bevor man auf Urlaub fährt, muss man doppelt so viel arbeiten. Und danach auch. Man hat eine Lebensversicherung abgeschlossen. Man geht öfter vor Mitternacht ins Bett – und das auch noch gerne. Wacht aber zwischendurch immer wieder auf, weil man Sorgen hat. Die Rollenverteilung, dass man von den Eltern etwas erklärt bekommt, hat sich gedreht – vor allem bei der Technik. Und man ist sich bewusst, dass man jetzt in der Generation steckt, die gerade Verantwortung trägt. Ganz schön wehmütig, oder? Gut, dann halt noch einen Alterskalauer zum Abschluss: Nein, meine Haut ist nicht schlaff geworden. Das sind alternative Falten. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, die junge Kollegin ruft gerade an. . .

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2017)

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