Husten, wir haben ein Problem

Husten haben Problem
Husten haben Problem(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Die meisten Menschen, die unter Husten leiden, gehen nicht zum Arzt.

Sie gehen ins Theater. An wohl keinem anderen Ort der Welt reinigen derart viele Menschen lautstark ihre Atemwege. Umgekehrt scheint das Raumklima im Zuschauerraum eine äußerst heilsame Wirkung auf verstopfte Nasen zu haben – denn nur äußerst selten wird die gespannte Stille vor einem dramatischen Höhepunkt von einem Niesanfall durchbrochen. Was daran liegen könnte, dass dann reflexartig das Publikum inklusive Ensemble kollektiv „Gesundheit“ ausrufen würde. Und derart bloßstellen lassen, dass nicht nur die Nase vor Scham errötet, will man sich dann doch nicht. Ein solcher Wunsch zur Genesung ist dem Hustenden allerdings völlig fremd. Gerade einmal bei Kindern wird es mit einem liebevollen „Kutz Kutz“ kommentiert. Im höheren Alter bekommt man im schlimmsten Fall mit der flachen Hand einen Schlag auf den Rücken. „Danke, reizend“, möchte man dann gerne sagen – nicht, dass der Hustenreiz deswegen nachließe.

Aber es muss ja nicht immer gleich echter Husten sein. Auch sein kleiner Bruder, das Räuspern, ist allzu häufig zu Gast im Auditorium. Am liebsten würde man all die im Theater versammelten Räusperer in Frösche verwandeln – schließlich können sie dann keinen Frosch mehr im Hals haben, oder?

So sitzt man am Ende verzweifelt am Rang und lauscht all dem Husten, Krächzen und den Fröschen, die die Geschehnisse auf der Bühne übertönen, und malt sich aus, welchem Dialog man wohl lauschen könnte, würden all die kranken Menschen einen Doktor aufsuchen: „Ihr Husten hört sich ja schon viel besser an“, würde der Arzt sagen. „Kein Wunder“, käme die Antwort, „ich übe ja auch Tag und Nacht!“


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2010)

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