Nies uz dnuseg, ned negeg nielk nedrew ehcsnüw ella

Nies dnuseg negeg nielk
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Die bessere Gehirnwäsche beginnt mit dem täglichen Blick auf den weisen Spruch, der irgendwo gut sichtbar in der Wohnung angebracht ist.

Die bessere Gehirnwäsche beginnt mit dem täglichen Blick auf den weisen Spruch, der irgendwo gut sichtbar in der Wohnung angebracht ist. „Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“ auf einer Kerze im Wohnzimmerschrank stärkt dem Leser den Mut, bei Stromausfall auf das Auftauchen einer Glühbirne zu hoffen. „In vino veritas, in cervisia felicitas“ auf einer Emailtafel ist dagegen die altphilologische Ermunterung zu ausuferndem Alkoholkonsum als Mittel gegen Wissenslücken oder Depression. Dazu kommen Sprüche à la „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“ auf der Schlafzimmertapete, die zwar ähnlich banal wie Bücher von Paulo Coelho sind, aber wenigstens keine Druckstellen im Gesicht hinterlassen, als wäre man wieder einmal bei der Lektüre des Alchimisten über dem Buch eingeschlafen. Und wer Zitate à la „Ich bin tierlieb, ich bin gut zu vögeln“ an der Wand hängen hat – oder auf einem T-Shirt spazieren führt –, hat sowieso verloren.

In Stammbüchern kann man derartige Binsenweisheiten wenigstens verstecken, indem man gar nicht erst zu blättern beginnt. Doch hängen solche Sprüche einmal im Wohnzimmer – üblicherweise mit metallenen Frakturbuchstaben auf dunklem Holz –, gestaltet sich das Entkommen verhältnismäßig schwierig. Allerdings – es gibt eine Variante, der täglichen Gehirnwäsche zu entgehen. Liest man den Spruch einfach rückwärts, verliert er jegliche Bedeutung – und sorgt beim Vorsagen des auswendig Gelernten auch noch für Erheiterung. „Nies uz dnuseg, ned negeg nielk nedrew ehcsnüw ella“ – ein Klassiker, der durch diese Behandlung seinen demütig-naiven Unterton komplett verliert. Zugegeben, eine tatsächliche geistige Höchstleistung ist diese Methode auch wieder nicht. Aber nur wer auch die kleinen Dinge im Leben schätzt, hat den wahren Weg zum Glück gefunden...

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2012)

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