Frohe Weihnachten und mehr Zuversicht

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Weihnachten 2014 wird von Krisen und Kriegen überschattet. Nicht zum ersten Mal. Ein Grund mehr, auf uns und unsere Werte zu vertrauen.

Das Traurige an Boomjahren ist, dass wir sie nicht sofort als solche erkennen. In guten Jahren ruft einem keiner zu: „Das ist eine gute Zeit, genieße sie!“ Selbst in prosperierenden Jahren haben viele subjektiv das Gefühl, es müsse ihnen noch besser gehen. Das war in den 1990er-Jahren so, das war – nach dem Einbruch 2001 – in den ersten Jahren der neuen Dekade so. 2008 kollabierte das System beinahe, nun steht das siebente Krisenjahr an.

Das Traurige an diesen Krisenjahren ist, dass wir sie sehr deutlich sehen und zu verspüren vermeinen. Nicht wenige ergötzen sich fast an möglichen Szenarien des Untergangs. Rituell werden Eisberg, Musik beim Untergang der Titanic (nein, es gab keine Party) und schaurige neuzeitliche Beispiele des Jüngsten Gerichts beschworen. Die Kassandra-Branche boomt, jene, die von Aufschwung und Fortschritt reden, klingen unglaubwürdig.

Bedrohungen rücken näher. Was wenige Analytiker kommen sahen, ist eingetreten: eine Konfrontation zwischen Russland dort, Europa und den USA hier. Vor 20Jahren wurde uns die Angst einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West genommen, nun ist sie wieder da. Die Grausamkeit selbst ernannter Gotteskrieger, die den Islam beleidigen, indem sie morden und vergewaltigen, erschreckt uns. Das Gefühl der Ohnmacht, dass gegen die Veränderung des Klimas wenig getan wird, vervollständigt das Bild.

Die Dimension Österreichs und seines Personals fällt angesichts dieser Probleme noch stärker auf. Die als innenpolitisch unlösbar geltenden politischen Aufgaben sind nur Miniaturen. Die Blockaden (der Bildung, Steuerpolitik und Organisation in unserem Gemeinwesen) wären mit wenigen Maßnahmen, Mut und entschlossenen Leuten leicht zu durchbrechen.

Es sind nicht die ersten Krisen unserer Zeit; in den vergangenen 50Jahren gab es mehrere vergleichbare Phasen, Szenarien und Situationen. Fast alle wurden ausgestanden, gelöst und beendet. Und vor allem: Wir leben, klagen und fürchten uns auf hohem Niveau. Auf sehr hohem Niveau. Vielleicht benötigen wir 2015 wieder mehr Zuversicht und Glauben an uns und unsere europäischen Werte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2014)

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