Peugeot 3008: Hybrid an allen Fronten - mit unklarem Nutzen

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Auch Dieselmotoren finden in der Hybridtechnologie mit Elektroantrieb zusammen. Am Beispiel des Peugeot 3008 Hybrid zeigt sich, dass dem erhofften Nutzen noch gewichtige Nachteile entgegenstehen.

Vor knapp einem Jahr hatten wir das Vergnügen einer Premiere des ersten Diesel-Hybridautos auf unseren Straßen, in Gestalt des Peugeot 3008. Von einem Vergnügen wollen wir reden, weil wir in den Jahren zuvor Gelegenheit hatten, das System in nicht serienfertigen Prototypen in der Entwicklung zu probieren, und da waren wir der Meinung, derlei könne kein Mensch je freiwillig fahren wollen. Technische Challenge: des Dieselmotors höheres Gewicht, rauer Lauf, aufwendige Abgasreinigung.

Peugeot hat sich in der Schlussphase aber ordentlich ins Zeug gelegt und eine überraschend harmonische Verständigung der beiden Motoren an Bord herbeigeführt: des 2,0-Liter-Dieselmotors, der die Vorderachse antreibt, und des Elektromotors, der mit maximal 37 PS an der Hinterachse wirkt. Das Ganze fühlte sich durchaus so an, als würden beide an einem Strang ziehen, wenn man sich schon keinen gemeinsamen für den Antrieb teilt.

Problembär Diesel

Grundsätzliche Bedenken blieben bestehen. Der ökologische Effekt etwa geht gegen null, denn bei den Abgasen bleibt der Dieselmotor Problembär, mit und ohne E-Unterstützung. So weist das Hybridmodell auf dem Papier einen fast fünfmal so hohen Wert bei den zweifelsfrei für Mensch und Umwelt schädlichen NOx-Emissionen im Vergleich zum ähnlich starken Benziner auf. In der Realität, so ist von Untersuchungen der TU Wien bekannt, verschlechtert sich diese Relation noch einmal.

Als grünen Fortschritt wollen wir Dieselhybriden also noch nicht feiern. Es wäre vielmehr an der Zeit, in der Debatte um Emissionen die echten Schadstoffe und nicht allein CO2 zu berücksichtigen. Die Hersteller haben daran naturgemäß wenig Interesse.

Inzwischen sind weitere Spielarten zur Marktreife gelangt, von Volvo etwa ein Plug-in-Dieselhybrid, dessen Technologie das Potenzial der rein elektrisch gefahrenen Kilometer drastisch erhöht, aber den Zugang zu Lademöglichkeiten voraussetzt – es hat ja nicht jeder eine Garage, und öffentlich passiert so gut wie nichts.

Volvo packt diesen Antrieb in ein Luxusmodell, da fallen die Zusatzkosten für Akku und Leistungselektronik nicht so schmerzhaft ins Gewicht. Peugeot hingegen senkte beim 3008 Hybrid abermals die CO2-Emissionen, neuer Bestwert in Version Active (36.810 Euro): 88g/km lt. Norm. Nur an Zünd- und Tankschloss muss man unverändert mit Schlüssel werken, die Zukunft stellten wir uns anders vor.

Im Vergleich zum Vorjahr haben wir bei den aktuellen Testfahrten neue Erkenntnisse gewonnen. Bei schwerer Schneelage sind die Grenzen dieses Allradprinzips schnell erreicht, wir gerieten zweimal, zugegebenermaßen mutwillig, in Not. Es langt eben nicht, Vorder- und Hinterachse anzutreiben, leistungsfähige 4WD-Systeme zeichnen sich durch bedarfsgerechte Verteilung des Antriebsmoments aus, Torsen oder Haldex.

Bei tiefen Temperaturen hat der Verbrennungsmotor einiges zu tun, die Akkus bei Laune und Ladestand zu halten. Die versprochenen drei bis vier rein elektrischen Kilometer wollten nie gelingen, ebenso wie der Prospektwert von 3,8 l/100 km – annähernd das Doppelte trifft es bei ungünstigen Bedingungen eher. Ernsthaft nervend: die starke Bremswirkung durch übertriebene Rekuperation beim Gaswegnehmen. Sie steht einer vorausschauenden Fahrweise entgegen; bis zu den letzten Metern vor der roten Ampel muss man auf dem Gaspedal bleiben, will man sich nicht Ärger mit Hinterherfahrenden einhandeln. Vergleich: Beim Prius ist dieser Modus optional wählbar. Das Hybrid-Zusatzgewicht von über 100 kg lässt die Hinterachse zuweilen bös poltern. „Sport“-Modus? Eher ein Widerspruch zum gesamten Fahrzeug.

Der hübsche Schwung, wenn beide Motoren gemeinsam antauchen – macht er die Nachteile und Mehrkosten des Techno-Experiments wirklich wett?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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