Bei Porsche wird ab jetzt auch angesteckt

(c) EPA (WU HONG)
  • Drucken

Die Verbrauchswerte klingen fabelhaft. Doch was ist dran an der Plug-in-Technik, und warum ist sie gerade für Porsche interessant?

1. Wie stellt sich Porsche ein Hybridauto vor?

Zunächst einmal sicher nicht mickrig motorisiert: Porsches Panamera S E-Hybrid, der noch heuer auf den Markt kommt, hat stolze 416 PS Leistung. Damit beschleunigt das mit 2,1 Tonnen Gewicht nicht leichte Auto bei Bedarf in 5,5 Sekunden von null auf 100 km/h.

2. Klingt nicht sehr öko. Geht es bei Hybridantrieb nicht hauptsächlich um die Umwelt?

Porsche geht es hauptsächlich um Leistung und Performance – das liegt in der Natur der Marke. Man ist allerdings zunehmend auch an guten CO2- und Verbrauchswerten interessiert.

3. Ist das Porsche-Fahrern nicht egal? Wer sparen will, fährt doch eher keinen Zuffenhausener...

Korrekt, aber die „soziale Akzeptanz“ wird auch für Porsche-Fahrer zum Thema. Speziell in wichtigen Märkten wie Kalifornien.

4. Das Hybrid-Signet also nur als ökologisches Feigenblatt?

Es geht um mehr: Alle Hersteller, die über 10.000 Autos pro Jahr produzieren, also auch Porsche, müssen den CO2-Ausstoß ihrer Flotte (also der Schnitt aller angebotenen Modelle) senken. Und zwar deutlich: Die EU zum Beispiel sieht bis 2020 einen Wert von 95 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer als Flottendurchschnitt vor. Alles darüber wird die Hersteller Geld kosten – umso mehr, je weiter sie darüberliegen.

5. Und hier kommt wohl die Hybridtechnik ins Spiel...

Hybrid allein reicht nicht. Es ist die sogenannte Plug-in-Hybridtechnologie, an der die Hersteller derzeit eifrig tüfteln. Nur damit sind große Sprünge und ganz erstaunliche Verbrauchswerte möglich.

6. Womit wir bei der zentralen Frage wären: Wie viel soll denn der Panamera E-Hybrid verbrauchen?

Das 416 PS starke Auto weist laut offizieller Norm – dazu kommen wir noch – einen Verbrauch von 3,1 Liter/100 km aus, der CO2-Ausstoß liegt bei 71 Gramm...

7. ...und damit deutlich unter dem ab 2020 geforderten Wert. Haben Porsches Ingenieure zaubern gelernt?

Zaubern weniger, aber es sind durchaus Tricks im Spiel. Die Plug-in-Technologie bietet dazu die Möglichkeiten.

8. Klären wir zunächst, was Plug-in bedeutet.

Plug-in bedeutet ein Hybridauto, bei dem sich die Batterie für den Elektroantrieb nicht nur durch den Verbrennungsmotor laden lässt, sondern auch extern, per Anschluss an das Stromnetz. Die Akkus haben eine deutlich höhere Kapazität als bei normalen Hybriden. Plug-in-Hybride müssen mindestens 25 Kilometer weit rein elektrisch fahren können. Der Panamera E-Hybrid zum Beispiel kann rein elektrisch bis zu 36 km weit fahren, maximal 135 km/h schnell.

9. Wie sieht das Innenleben des Plug-in-Panamera aus?

Ein 3,0-Liter-Benzinmotor mit Kompressor und 333 PS arbeitet mit einem 70 kW starken Elektromotor zusammen; das ergibt eine Systemleistung von 416 PS und 590 Nm. Zum Aufladen der Akkus für den E-Motor wird das Auto an die Steckdose angehängt.

10. Wie kommt es nun zu dem fast märchenhaft klingenden Verbrauchswert des Porsche?

Der ergibt sich aus dem speziellen Testzyklus, der in Europa für Plug-in-Hybride vorgesehen ist. Dabei wird der 25 Kilometer lange Testzyklus mit voll geladener Batterie zunächst einmal rein elektrisch gefahren. Das ergibt (unmittelbare) CO2-Emissionen von 0,0 Gramm. (Dass bei der Herstellung von Ladestrom CO2 anfallen könnte, etwa in kalorischen Kraftwerken, wird nicht berücksichtigt.)

11. Wie geht es weiter? Ein Elektroauto ist der Panamera ja nicht.

Anschließend wird der gleiche Testzyklus noch einmal gefahren, diesmal mit entladener Batterie. Das Auto funktioniert nun wie ein normaler Hybrid, bei dem die Batterie vom Verbrennungsmotor (und geringfügig per Rekuperation) geladen wird. Dieser Modus ergibt beim Panamera 173g CO2/km. Die Gesamtemissionen – rein elektrisch und gemischt – wird nun durch die gesamte Fahrstrecke geteilt. Ergibt einen Wert von 71 g pro km, den man in einen Verbrauch von 3,1 Liter Superbenzin umrechnen kann.

12. Fertig ist das Verbrauchswunder. Wie viel hat das aber mit der Realität zu tun?

Für das echte Leben taugt die Methode kaum oder gar nicht. Schon bei einem normalen Auto liegen die Normwerte in aller Regel mindestens 20 Prozent über den tatsächlich erzielten. Das liegt am verbrauchsfreundlichen Testzyklus. Plug-in-Hybride profitieren durch die geschilderte Methode mit einem rein elektrischen Abschnitt noch viel mehr.

13. Der Panamera E-Hybrid verbraucht also in der Realität genauso viel wie ein normaler Porsche?

Fährt man Bestzeiten auf der Rennstrecke und fordert den V6 vehement – eher ja. Wer allerdings das Auto am Abend brav auflädt und am nächsten Tag eine nicht allzu lange Strecke fährt, möglichst viel davon elektrisch, kann sich dem Normwert durchaus annähern. Dafür braucht es aber mehr Sparwillen, als man in einem Porsche gemeinhin vielleicht ausleben möchte. 4,4l/100 km haben sich bei spezifisch fokussierten Testfahrten, an denen wir teilnehmen konnten, immerhin realisieren lassen. Durchaus eine kleine Sensation – allerdings mit geschultem und äußerst diszipliniertem Porsche-Personal an Lenkrad und Gaspedal. Im Alltag wird der Porsche-Fahrer ständig vor der Entscheidung stehen: sich an der fulminanten Beschleunigung zu laben oder die Leistungswerte nur homöopathisch abzurufen und stattdessen den Verbrauch im Auge zu behalten. Es wird in der Realität wohl eine Mischform sein.

14. Damit wären wir beim Kundenprofil – wer will denn einen
Porsche, um Ökobewusstsein zu demonstrieren?

Der Importeur schätzt vorsichtig: Nur eine einstellige Zahl werde sich 2014 für den 113.000 Euro teuren E-Hybrid erwärmen – gegen 138 verkaufte Panamera im letzten Jahr. Als nächste Baureihe kommt der Cayenne als Plug-in-Hybrid. Für Porsche geht es vorderhand aber nicht um tolle Verkaufszahlen. Man befindet sich in der Pionierzeit der Plug-in-Technologie, die als wichtigster Baustein angesehen wird, künftigen strengen Emissionsgrenzwerten auch mit besonders leistungsstarken Autos zu begegnen. Und daran hat Porsche naturgemäß ein Interesse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Elektroautos

Das Elektroauto lugt aus der Nische

Volkswagen wirft sich mit dem e-Up und dem Gewicht des Marktführers in das bislang zärtliche Ringen der wenigen Elektroautos.
Auto sagt
Fahrstil

Renault Twizy: Ein Auto sagt :)

Ist Renault nur ein guter Gag gelungen oder beginnt die Zukunft des Elektroautos genau hier?
BMW i3, Elektroauto
Elektroautos

BMW i3: So fährt Premium-Elektro

Eine derzeit einzigartige Erscheinung in der Autowelt: BMW vereint im i3 die Finessen eines Premiumherstellers mit der Bescheidenheit elektrischer Reichweite. Nach sehr flotter Fahrt klären wir die wichtigsten Fragen.
Autoindustrie verschlafen
Elektroautos

Was die Autoindustrie verschlafen hat

Unbeeindruckt vom abgekühlten Elektro-Hype stellt Tesla die Trägheit der etablierten Autohersteller bloß: Das Model S überzeugt nicht als Gesinnungsbekenntnis, sondern als innovativer Oberklassekonkurrent.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.