Quadro 350D: Wie unter Wasser, aber für Überland

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Dreiradroller. Piaggios MP3 bekommt mit dem Quadro 350D Konkurrenz. Dessen neuartige hydraulische Vorderradaufhängung ist eine ernst zu nehmende Alternative.

Gute Nachricht für Autofahrer, die von Stau und Parkplatzsuche geplagt mit einem Umstieg auf eine einspurige Fortbewegung kokettieren: Ein neuer Dreiradroller kommt jetzt auch in Österreich auf den Markt. Er erweitert das Angebot an Fahrzeugen, die mit dem B-Führerschein gefahren werden dürfen und doch keine Autos sind. Bisher gab es in dem schmalen Marktsegment nur den MP3 von Piaggio in verschiedenen Versionen. In Italien zum Teil von denselben Ingenieuren entwickelt, die auch den MP3 konzipiert haben, wird der Quadro 350D in Taiwan rund um ein erprobtes Aeon-Triebwerk mit 313 ccm gefertigt.

Dessen Tonumfang reicht von sonorem Knurren im Leerlauf bis zu einem kräftigen Brüllen, das vom beeindruckenden Drehmoment des Einzylinder-Aggregats kündet (Testverbrauch: 5l/100km).Noch bemerkenswerter aber ist, vom sportlich-aggressiven Äußeren abgesehen, eine Innovation bei der Aufhängung der Vorderräder: das „Hydraulic Tilting System“ (HTS). Es arbeitet verblüffend einfach mit drei miteinander verbundenen, öl- und gasgefüllten Zylindern: je einem an den Rädern und einem Ausgleichs- und Federelement in der Mitte. Es gibt dem Roller in der Längsachse ständig – auch im Stillstand – eine Stabilität, wie sie Zweiräder nur in Bewegung haben. Folge: Neigt man das Dreirad im Stand und lässt man es los, fällt es nicht um – es sinkt um, als stünde es unter Wasser.

Anders als beim MP3, der im Stillstand mittels eines kleinen Schalters in der Senkrechten gehalten wird, genügt beim Quadro ein halbwegs ausgeprägter Gleichgewichtssinn. Betätigt man außerdem die Bremsen (mit den Händen oder dem rechten Fuß), steht das Gefährt noch stabiler; richtig blockiert wird das HTS erst mit einem eigenen Hebel, der auch auf die Hinterradbremse wirkt.

Dass die Drehung in der Längsachse gehemmt ist, bewirkt auch während der Fahrt eine einmalige Stabilität – das Dreirad tendiert damit leicht zum Geradeausfahren; in engere Kurven muss man es schon etwas energischer zwingen. Hat man es aber so weit, durchfährt es sie überaus willig.

Von stattlicher Größe

Angesichts der stattlichen Größe des Rollers – er misst in der Länge 227 Zentimeter und in der Breite 80 Zentimeter – ist ohnehin die Überlandstraße seine eigentliche Domäne. Apropos Größe: Mit Ausnahme der Sitzhöhe, die mit 78 Zentimetern der Norm entspricht, ist die Karosserie eher für Fahrer ab Konfektionsgröße 48 oder 50 geschneidert. Das Trittbrett ist breit, der Lenker ausladend, der Bug wuchtig.

Das Vertriebs- und Servicenetz wird in Österreich noch aufgebaut. Auch der Roller selbst (7490 Euro) hat – etwa wegen seiner sehr straffen Hinterradaufhängung und seines eher sprunghaften digitalen Tachos – noch etwas Prototyphaftes. Warum nur heißt er, wiewohl mit drei Rädern bestückt, ausgerechnet Quadro? Weil diese Marke nächstes Jahr einen Vierradroller auf den Markt bringen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2012)

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