Paddington großräumig meiden

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Die Zeiten, als man als Tourist in London nur die Wahl zwischen ultimativen Luxusherbergen à la Ritz und einem Rattenloch hatte, sind vorbei.

Die Zeiten, als man als Tourist in London nur die Wahl zwischen ultimativen Luxusherbergen à la Ritz und einem Rattenloch hatte, sind vorbei. Doch noch immer will ein Hotelaufenthalt gut überlegt und geplant sein, denn die Zahl der Besucher nimmt weiter zu: Im dritten Quartal 2013 stieg die Auslastung um drei Prozentpunkte auf 87,1 Prozent verglichen mit dem dritten Quartal 2012. Die verstärkte Nachfrage schlägt sich sofort in steigenden Preisen nieder. Nach einer Untersuchung des Fachjournals „Market Report UK“ kostete eine Hotelübernachtung pro Person ohne Frühstück im September 2013 mit durchschnittlich 158,17 Pfund (knapp 190 Euro) um satte 8,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Wer da nicht rechtzeitig bucht, kann schon die Schattenseiten der Londoner Hotellerie kennenlernen. Mitte September war am Höhepunkt der London Fashion Week aufgrund einer Fehlbuchung des Internetanbieters erst nach langem Suchen, Bitten und Betteln zu später Stunde gerade noch ein Zimmer beim Bahnhof Paddington zu bekommen, das ungefähr 1946 das letzte Mal renoviert worden war, dessen Bad möglicherweise auf spätrömischen Ursprung zurückging, das aber dank völlig undichter Fenster vorzüglich gekühlt war. Leider war es eine sternenklare, eiskalte Nacht.

Am schlimmsten aber war die satte Selbstzufriedenheit des diensthabenden Portiers, an der jede Beschwerde abprallte: „Sie haben etwas auszusetzen? Versuchen Sie doch, irgendwo ein anderes Zimmer zu bekommen“, lautete seine Message, die in der unseligen Tradition eines britischen Tourismus stand, der sich an Basil Fawlty (John Cleese) aus der unübertrefflichen TV-Komödie Fawlty Towers schulte.

Meiden Sie also die Gegend Paddington großräumig, wenn Sie in London ein Hotelzimmer suchen! Die gute Nachricht ist, dass die Anzahl der Alternativen groß ist und immer noch wächst. Allein in diesem Jahr zählt die Website www.LondonTown.com 13 Neueröffnungen. Der Trend ist klar erkennbar: Die Londoner Hotels setzen auf Luxus, suchen sich durch Design hervorzuheben, und die Location spielt eine entscheidende Rolle. Nachfolgend drei Neueröffnungen aus dem Osten, dem Zentrum und dem Westen der Stadt.

Das Lässige im zentralen Trendbezirk Shoreditch

■Das London Ace ist streng genommen kein neues Haus, sondern bereits der dritte Versuch, an einem der heißesten Punkte der Stadt mit einem Hotel Geld zu verdienen. Mitten im Trendbezirk Shoreditch am Eingang des Londoner East End gelegen ist das Ace der ideale Ausgangsort für unzählige Bars, Restaurants, Nightclubs, Galerien und Geschäfte. Seinen Höhepunkt erreicht das Treiben am Sonntag rund um den nahen Spitalfields Market. Wer über 25 Jahre alt ist und sich in der jugendlichen Lebens- und Konsumfreude ein wenig alt vorkommt, darf sich damit trösten, dass die Londoner eh ein ungemein tolerantes Völkchen sind. Das Ace hat aber nicht nur wegen seiner Lage (auch die Verkehrsanbindung ist vorzüglich) gute Chancen auf Erfolg. Mit der Neuübernahme wurde der nicht ganz so diskrete Hotelkettencharme des ehemaligen Eigentümers gründlich entfernt, nun laden individuell, lässig und fröhlich gestaltete Räume zum Verweilen ein. Zum Essen kann man in die hauseigene Hoi-Polloi-Brasserie einkehren, von der allerdings die Stadtzeitung „Metro“ meint: „Erstklassige Lage, mittelmäßiges Essen.“ www.acehotel.com/london

Die Oase der Stille und zeitlosen Eleganz im Osten

■Im Zentrum der Stadt, wo es viel edler und würdiger zugeht als im wilden Osten, öffnete vor wenigen Tagen mit dem Rosewood London ein wahres Schmuckstück seine Pforten. In einem Hof gelegen bietet das Hotel eine Oase der Stille in der Touristenflut, die zwischen dem British Museum und dem Unterhaltungs- und Einkaufsviertel Covent Garden hin- und herschwappt. Das ehemalige Hauptgebäude der Pearl Assurance Company, dessen Grundstein 1912 gelegt worden war, wurde mit viel Liebe zum Detail restauriert und zugleich auf den neuesten Stand der Technik gebracht.

Da versteht es sich von selbst, dass mit der Gestaltung der Zimmer der Designer Tony Chi beauftragt wurde. Er wurde seiner Aufgabe mit Bravour gerecht. Bedenkt man, dass London Europas Stadt mit den kleinsten, teuersten und schlechtesten Wohnungen ist, kann man hier richtig neidig werden: Während die Durchschnittsgröße einer Ein-Zimmer-Wohnung in London 37 Quadratmeter beträgt, ist der kleinste Gästeraum im Rosewood bereits 31 Quadratmeter groß. www.rosewoodhotels.com

(c) Die Presse APA

Das neu interpretierte Viktorianische im Westen

■Ebenfalls voll auf Luxus setzt die Gruppe Marriott mit dem London Edition Hotel im Übernobelbezirk Fitzrovia. Wer hier auf dem Weg zu Selfridges, Liberty oder Burberry unachtsam über die Straße eilt, läuft Gefahr, von einem lautlosen Rolls-Royce überrollt zu werden. Das Edition setzt vor allem auf die Großzügigkeit seiner Zimmer, neu interpretierte Klassik und modernste technische Ausrüstung.

Angesichts des gastronomischen Überangebots in der unmittelbaren Nachbarschaft war es eine mutige Entscheidung, auf ein eigenes Angebot zu setzen. Mit Berners Tavern entstand aber unter der Leitung von Jason Atherton eines der gefragtesten Lokale der Stadt, das nicht nur spektakulär aussieht, sondern für seine Küche sogar mit einem Michelin-Stern prämiert wurde. www.edition-hotels.marriott.com/london

Weitere spektakuläre Neueröffnungen wie das Nobu Hotel an der Old Street oder das Shangri-La im Hochhaus Shard stehen demnächst bevor. Und auch wenn man ein Geheimnis nicht verraten soll, sei hier – streng im Vertrauen – das aktuell wunderbarste, erfreulichste und rundherum glücklich machende Hotel Londons empfohlen: das Town Hall Hotel im Ostlondoner Bethnal Green in einem alten Amtsgebäude. Aber bitte nicht weitersagen, sonst bekommt man dort überhaupt nie wieder ein Zimmer. www.townhallhotel.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2014)

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