Hurghada – das verlassene Paradies

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Ägypten wartet immer noch auf Touristen. Die Strände sind verwaist, die Liegestühle leer – dennoch übt man sich im Land der Pharaonen in Zweckoptimismus.

Menschenleere Strände, freie Liegen an den Pools, „und am Buffet muss man sich auch nie anstellen“, sagt Sabine aus Hessen. Die 26-Jährige macht bereits zum vierten Mal Urlaub in Hurghada. „Aber so wenig ist um diese Zeit noch nie los gewesen.“ Während sich bei der Hotelleitung Katerstimmung breitgemacht hat, freuen sich die – zumeist deutschen und österreichischen – Gäste über den Schmalspurbetrieb.

Ägypten kämpft nun schon seit drei Jahren mit den schmerzlichen Nebeneffekten des Arabischen Frühlings: Die Touristenzahlen stürzten nach 2011 dramatisch ab. Betroffen sind besonders die touristischen Zentren am Roten Meer, allen voran in und um die 160.000-Einwohnerstadt-Hurghada.

Zum Vergleich: Vor den Unruhen war Ägypten das Urlaubsland mit den höchsten Zuwachsraten und hatte sich auch zu einer Sommerdestination entwickelt. 2010 machten 14 Millionen Menschen (davon 250.000 Österreicher) Urlaub. Im Revolutionsjahr darauf sank ihre Zahl um ein Drittel auf unter zehn Millionen (170.000 Österreicher). Bereits die ersten Reisewarnungen kosteten den ägyptischen Tourismus einen Umsatz von mehreren Milliarden Euro. Hinzu kommen die nachgelagerten Branchen, alles steht und fällt mit den Urlaubern – jeder achte Ägypter arbeitet im Tourismus.

Einbußen musste auch das nach wie vor bestgebuchte Hotel in Hurghada hinnehmen, der Club Magic Life Kalawy Imperial. Besonders in den Herbstmonaten konnte sich die Anlage vor 2011 auf eine mindestens 80-prozentige Auslastung verlassen. Mitte November 2013 sind die Zimmer aber nur zur Hälfte besetzt.

Eine Entwicklung, die auch Sabine bedauert. „Es ist schade, die Menschen hier in der Region sind auf den Tourismus angewiesen“, sagt die Studentin. „Und obwohl sie zumeist mit Politik nicht viel am Hut haben, müssen sie ausbaden, was ihnen die Leute in Kairo eingebrockt haben. Dort muss kaum jemand vom Tourismus leben.“ Sie jedenfalls werde ihre Ferien weiter in Ägypten verbringen, Angst habe sie nicht. „Nur Kairo sollte man vielleicht meiden, wenn man nicht zwischen die Fronten geraten will.“

Solche Aussagen hört man häufig in der Ferienanlage. Und auch in Hurghada, wo der Tourismus mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle ist. In den vielen Cafés, Bars und Restaurants der Stadt sitzen vor allem Einheimische, Bewohner oder Bedienstete der benachbarten Resorts, die sich an ihren freien Tagen einen Tapetenwechsel gönnen. Auf den großen Einkaufsstraßen und Märkten flanieren an diesem Abend nur vereinzelt Urlauber.

„Nicht nur an diesem Abend, hier sieht es seit 2011 fast jeden Tag so aus. Dabei war hier einmal die Hölle los“, sagt Mehmet, Animateur aus der Türkei, der freihat und Freunde in der Stadt besucht. „In unserem Hotel zehn Kilometer von hier wohnen derzeit gerade einmal fünf Familien, eigentlich müssten wir ausgebucht sein.“ Dass Touristen aus Angst vor Anschlägen Ägypten meiden, kann er nicht nachvollziehen. „Man muss sich doch nur erkundigen! Das Rote Meer ist absolut sicher, hier kann nichts passieren, an jeder Ecke steht das Militär“, sagt der 33-Jährige. „Sogar in der heißesten Phase der Revolution vor zwei Jahren bekam man hier nicht das Geringste davon mit. Proteste und Ausschreitungen wirst du hier nie erleben, weil jeder weiß, dass er damit nur sich selbst schaden würde.“

Das Rote Meer für dich allein

Besonders augenscheinlich wird die geringe Zahl an Touristen an den Abenden und in den Nächten: Sind die Abendprogramme der Hotels zumindest noch von einigen Dutzend Gästen besucht, ist später in den Discos kaum jemand anzutreffen. Auch hier bilden die größte Gruppe die Bediensteten – Barkeeper, Kellner und Animateure, die sich den Frust von der Seele tanzen. „Ich sollte das nicht sagen, aber jemand, der feiern will und in seinem Urlaub auf Abenteuer und Weggehen aus ist, sollte diese Region derzeit meiden – seit der Revolution ist hier einfach zu wenig los“, sagt ein Tauchlehrer, ebenfalls aus der Türkei.

„Wer aber Entspannung sucht, schöne Strände und Gelegenheiten zum Tauchen und Schnorcheln, ist bei uns richtig. Familien beispielsweise oder ältere Pärchen. Eine Maturantengruppe hingegen würde eher enttäuscht zurückfliegen.“

Nur ein paar Kilometer vom Magic-Life-Club entfernt befindet sich das Sheraton Soma Bay, ebenfalls eines der beliebtesten Resorts am Roten Meer. Direktor Franz Kielnhofer spielt auf Zeit. Trotz nur 40-prozentiger Auslastung zeigt er sich „nicht unzufrieden“, da man bei den Preisen, die man noch verlangen könne, immer noch ganz gut aussteige. In Zeiten wie diesen müsse man die Ansprüche eben herabsetzen. Kielnhofer kann sich vor allem auf die Stammgäste verlassen. „Einige unserer Besucher sind schon zum fünften oder sechsten Mal hier“, sagt der Steirer. „Diese Leute kennen die Region und die Menschen und lassen sich nicht so leicht abschrecken von politischen Konflikten mehrere hundert Kilometer entfernt.“

Auch Klaus Reinwand, Manager des Madinat Makadi, eines Verbunds von mehreren Hotelanlagen bei Hurghada, setzt auf Zweckoptimismus. „Es wird sich herumsprechen, dass man sich als Urlauber am Roten Meer keine Sorgen machen muss. Egal, was in Kairo passiert“, sagt er. „Und wenn es so weit ist, können wir wieder mit unseren Vorzügen punkten – dem sauberen Meer, den Traumtemperaturen auch im Herbst und Winter und den vielen Möglichkeiten, Sport zu treiben.“ Gründe, optimistisch zu sein, liefert auch TUI Österreich. Seit Oktober bietet man das Rote Meer wieder an. Die Nachfrage sei sofort da gewesen, forciert durch sehr günstige Angebote. In den Weihnachtsferien war Hurghada die beliebteste Destination auf der Mittelstrecke, auch die Oster- und Semesterferien sind bereits jetzt sehr gut gebucht.

Davon geht auch Ahmed Abdalla, Gouverneur der Region Rotes Meer, aus. Bei einer Pressekonferenz appelliert er an die Gäste, aus dem Ausland, Ägypten weiterhin eine Chance zu geben. Bisher habe durch die Proteste kein Tourist Schaden genommen, das werde auch künftig so bleiben. Warum er da so sicher sein könne, will ein lokaler Journalist wissen. „Weil die Unruhen ein rein innenpolitisches, innerägyptisches Problem und nicht gegen ausländische Besucher des Landes gerichtet sind“, betont Abdalla. Die Gesellschaft trage derzeit einen Konflikt aus, der möglicherweise noch eine Zeit lang andauern könne. „Aber sie trägt ihn nicht nicht auf dem Rücken der Urlauber aus. Das versichere ich Ihnen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2014)

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