Mit Langlauflatten über die Schanze

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Gaudi. Wintersport muss nicht immer todernst sein. Dafür gibt es gerade in Österreich einige eindrucksvolle Beispiele.

Es gibt Tage in Kössen, da haben die Urlaubsgäste aus dem Flachland ganz eigenartige Wahrnehmungen. Da stehen sie am Rand der Skipiste am Unterberg und reiben sich verwundert die Augen: Riesengroße Osterhasen in Rosa rasen an ihnen vorbei, springen über Schanzen, tanzen auf den Buckeln – und fliegen manchmal mit einem lauten Schrei kopfüber in den Tiefschnee. Der spektakuläre Abgang im Steilhang ist dann auch kein Wunder, denn die Alpinhasen sind mit Langlaufskiern unterwegs, die bekanntermaßen für schnelle Abfahrten eher ungeeignet sind.

Aber beim Nordik-Spektakel spielt das keine Rolle. Der Reiz dieser ziemlich ungewöhnlichen Veranstaltung ist ja, dass sie Dinge miteinander kombiniert, die eigentlich gar nicht zusammenpassen. Ein Skirennen auf den Hängen des bekannt anspruchsvollen Unterbergs mit dürren Langlauflatten. Das hat hier Tradition.
Seit 1986 gibt es das Nordik-Spektakel mit einer Unterbrechung zwischen 2001 und 2012. An einem Märzwochenende treffen sich unerschrockene Nordik-Alpinisten und messen sich in einem ganz und gar unkonventionellen Wettrennen. Die einen in engen Rennanzügen, die Muskeln angespannt und den Blick voll konzentriert auf ihre Ski, die einige Meter entfernt liegen. Andere nehmen das locker – mit Lederhose und Lodenjacke, ganz hinten lungern noch zwei im Osterhasenkostüm – ihre Motorik legt den Schluss nahe, dass die beiden vorher in der Hütte ordentlich aufgetankt haben.

Das Nordik-Spektakel am Unterberg ist kein gewöhnliches Skirennen – es ist mit größter Wahrscheinlichkeit das verrückteste in den Alpen. Los geht es mit einem Le-Mans-Start. Zuerst werden die Bretter angeschnallt, dann warten schnelle Abfahrten mit engen Kurven und Schanzen. Bis zum vergangenen Winter sind sie noch in Schussfahrt die steile Buckelpiste von der Scheibenwaldhütte direttissima Richtung Ziel gefahren. Man könnte auch sagen gewackelt und gezittert. „Aus Sicherheitsgründen fahren wir jetzt eine Art Cross-Strecke, die auch für die Zuschauer spektakulärer ist. Dabei werden die Sieger im K.-o.-System ermittelt“, sagt der Veranstalter, Thomas Fahringer. „Früher war es für die Zuschauer nicht einfach zu entscheiden: Stehst du oben im steilen Buckelhang und schaust dir dort die wilden Stürze an – oder gönnst du dir die Schanze im Zielschuss.“ Mit der Cross-Strecke und dem K.-o.-System sei es jetzt wesentlich unterhaltsamer, „und es hat den Vorteil, dass der Ablauf für die Zuschauer viel übersichtlicher ist“, sagt Fahringer.

Lederhosen-Racer

Spätestens auf den Schanzen trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Die durchtrainierten Langlaufprofis lassen es einfach laufen, auch wenn die Landung mit den dünnen Brettln immer wacklig wird. Später kommen die trinkfreudigen Amateure, die Lederhosen-Racer und die Sturzpiloten im Osterhasenkostüm. Die sind alle schon lange am Limit, und da rächt es sich bitter, wenn sich der eine oder andere vorher in der Hütte Mut angetrunken hat.
Die einen segeln mit Figuren über die Schanze, die ihnen bei jedem Red-Bull-Event Sonderpreise bescheren würde.

Die anderen lassen es laufen und merken gar nicht, dass da eine Schanze ist. Entsprechend brachial wird die Landung. Die Zuschauer haben eine Riesengaudi. Es dürfte kaum ein Skirennen geben, bei dem so viel gelacht wird und bei dem das Regelwerk so großzügig ist. Einige kommen dann mit einem Ski oder ganz ohne Ski über die Schanze und erledigen die letzten Meter zu Fuß.
„Was war denn am schlimmsten“, wird einer nach dem Rennen gefragt. „Alles war schlimm und vor allem, dass du unten einfach fertig bist“, seufzt er sichtlich abgekämpft. Die Gesichter der Langlauf-Akrobaten im Ziel erzählen eigentlich alles. Eine Mischung aus Erschöpfung und Glück, es einigermaßen überlebt zu haben. Bei den Herren haben übrigens letztes Jahr die Kitzbüheler überlegen gewonnen. Bei den Damen blieben die Stockerlplätze in Kössen. Termin: 7. 3. 2015; www.kaiserwinkl-nordik-ski-spektakel.com

Afrikanische Rodelmeisterschaften

Zum dritten Mal finden die afrikanischen Rodelmeisterschaften im Raurisertal statt. Bei dieser Integrationsveranstaltung, die bereits etliche Auszeichnungen bekommen hat, gehen in Österreich und nun auch in Deutschland beheimatete Afrikanerinnen und Afrikaner zusammen mit hiesigen Schulkindern an den Start. Schauplatz ist die lange und kurvenreiche Rodelbahn in Kolm Saigurn ganz hinten im Tal. Dabei steht nicht der Wettkampf, sondern die Gaudi im Vordergrund. Danach wird gemeinsam gefeiert, und es gibt eine rhythmische afrikanisch-alpine Jamsession. Termin: 7. März 2015. www.raurisertal.at

Happy Power Lady Race

Ob Frauen wirklich Frauen und Männer wirklich Männer sind, das sieht man heutzutage eher locker. So ist es auch bei einem Gaudirennen im Großarltal, einem der Höhepunkte der Internationalen Ladyskiwoche vom 21. bis zum 28. März. Diese Woche, in der die Liftpässe für die Damen gratis sind, gibt es seit 15 Jahren. Heuer hat sich die Gleichbehandlungsanwaltschaft eingemischt und dafür gesorgt, dass nun auch die Männer bei der Ladyskiwoche entsprechende Vergünstigungen bekommen können, wenn entsprechende Pakete gebucht werden.

So ernst geht es beim Rennen aber natürlich nicht vonstatten. An den Start gehen traditionell nur Frauen – allerdings sind auch mit Perücken getarnte männliche Teilnehmer auszumachen. Die Teams werden nach der Haarfarbe zusammengestellt. Die Strecke ist ziemlich flach, aber tückisch, weil unterwegs diverse vertrackte handwerkliche Aufgaben zu erfüllen sind. Termin: 24. 3. 2015; www.grossarltal.info

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