Oman: Dein Rauch komme

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Kamen die Heiligen Drei Könige aus dem Oman? Das reiche Sultanat, einst Weihrauchquelle der ganzen Welt, exportiert „Gottes Parfum“ bis heute. Seine Duftspur ist eine schöne Reiseroute durch dieses Land.

Zuerst ist da dieser Geruch: Etwas beißend, leicht süßlich startet er sofort das Kopfkino: mit Bildern eines Pfarrers, der ein qualmendes Messinggefäß schwenkt, dem Geräusch der daran rasselnden Kette und entweichenden Rauchschwaden. Ein Weihnachtsgottesdienst flimmert vor dem inneren Auge vorbei, dabei stehen wir mitten im Markttreiben der omanischen Hauptstadt Muscat. Widerstand gegen diese von der Nase ausgelöste Erinnerung ist zwecklos, signalisiert das Gehirn: Dein Rauch komme, sein Wille geschehe!

Doch woher kommt er eigentlich? Die Augen suchen den engen, dunklen Souk ab und bleiben zwischen T-Shirts, Silberschmuck und Wasserpfeifen schließlich an einem faustgroßen, zipfelmützenartigen Tongefäß mit kunstvoll geformten Öffnungen hängen. Aus ihnen steigt kaum sichtbar eine Rauchfahne auf. „Wieruch, Wieruch“, ruft der dahinter kauernde Händler in gebrochenem Deutsch, „trrii Rial, only trrii Rial“ und zeigt auf kleine Päckchen mit kandiszuckergroßen Weihrauchstücken. Drei Rial sollen sie kosten, umgerechnet etwa sechs Euro. Fahad, unser Führer und Fahrer durch eine Woche Oman, schlendert ohne Seitenblick weiter: Weihrauch gibt's woanders billiger und in besserer Qualität.

Tausendundeine Pracht

So gerät Omans Nationalgeruch für eine Weile aus dem Blickfeld – auch, weil sich ein Mann ständig hineindrängelt: Sultan Qaboos al-Said, der absolutistische Herrscher, schaut ubiquitär von Theken, Wimpeln und Geldscheinen. Seit Jahrzehnten: Von der Militärausbildung in England und Deutschland zurückgekehrt, stürzte Qaboos 1970 seinen Vater und übernahm einen abgeschotteten, verarmten Winkel rechts unten auf der Arabischen Halbinsel, etwas größer als Deutschland. Nur elf Kilometer asphaltierte Straße gab es damals im Oman, ein Krankenhaus, drei Koranschulen, 98 Prozent Analphabeten, Sonnenbrillen- und Radioverbot. Heute können fast 90 Prozent der omanischen Männer und 70 Prozent der Frauen lesen und schreiben, bestens ausgebaute Straßen führen in jedes noch so entlegene Dorf und dort auch zu einem Medical Center. Steuern? Gibt's nicht. Noch verdient der Staat genug mit Öl und Gas. Viele Omanis erzählen während der Rundreise diese Erfolgsgeschichte von Tausendundeiner Pracht. Aus Furcht vor dem Sultan? „Nein, aus Ehrfurcht“, sagt auch Dorien Smit, die niederländische Verkaufsleiterin im Hotel Interconti der Hauptstadt Muscat.

Nun ja, der Mann hat ja auch Ideen: Dass er eine der größten Moscheen Arabiens mit Platz für 25.000 Gläubige bauen lässt, einen neuen Flughafen und breite Ausfallstraßen – geschenkt. Aber welcher Staatschef kann schon von sich sagen, er habe einen besonders betörenden Duft in Auftrag gegeben? „Unser Öl und Gas reichen nicht ewig“, soll Sultan Qaboos schon in den Achtzigerjahren gesagt haben, „lasst uns mit Parfum anfangen!“ Aber nicht irgendeinem, sondern dem in der ganzen Welt begehrten omanischen Nationalduft.

Guy Robert wurde eingeflogen, einer der besten französischen Parfumeure, sonst in Diensten von Chanel oder Dior. Des Sultans Auftrag war sein ungewöhnlichster: „Erschaffe mir das teuerste Parfum der Welt, Geld spielt keine Rolle, aber omanischer Weihrauch muss drin sein!“ Ein Jahr lang experimentierte Guy Robert, mixte Weihrauch so lang mit Zedernholz, Koriander, Rosen oder Jasmin, bis „Amouage“ herauskam: im Flakon aus Sterling-Silber für 1000 US-Dollar. Der Preis ist inzwischen auf einige hundert Dollar abgesackt, aber die Marke hat sich gehalten. Ein paar Kilometer weiter geht's ins Landesinnere auf das 2000 Meter hohe Gebirgsmassiv Jebel Akhdar. Draußen vor den Autoscheiben wandern Bergketten vorbei, staubige XXL-Geröllhalden, aufgetürmt von einem Riesen. Hier zeigt das Land seine imposante Lightshow, jahrmillionenalt und farbenfroh: Lehmfarben erscheinen die zackigen Berge auf den ersten Kilometern, dann plötzlich smaragdgrün, rostbraun oder holzkohleschwarz. „Überall kann man genau sehen, wo sich vor Jahrmillionen Kupfer (grün), Eisen (braun) und andere Mineralien abgelagert haben“, sagt Fahad, „dieses Faltengebirge liegt da wie ein offenes Buch der Erdgeschichte.“

You want dates?

Mittendrin die alte Hauptstadt Nizwa mit entwaffnend gastfreundlichen Omanis. „You want dates?“, rufen zwei Stoffhändler – das englische Wort für Datteln. Nach ein paar Minuten Zeichensprache klappt's besser mit der Verständigung, weil Ibrahim al-Remal al-Daphia dazukommt. Mit erstaunlich gutem Deutsch hat er First Lady Bettina Wulff Weihrauch verkauft, zu sehen auf einem Foto, das im Tante-Emma-Laden des Händlers hinterm Spiegel steckt.

Daheim wird Bettina Wulff das Päckchen sicherlich anders verwendet haben als die Frauen hierzulande. Sie raffen kurz ihre langen Gewänder hoch, schieben ein tönernes Weihrauch-Stövchen drunter und lassen den Rauch aufsteigen, bis er bei Kopf und Schultern herausquillt. „Wenn wir Allah begegnen, wollen wir gut riechen“, sagt die 29-jährige Wafaa, eine der wenigen omanischen Frauen, die auf offener Straße mit uns spricht. Doch woher im Oman kommt dieser Stoff nun genau? Und woraus besteht er? In der Nähe der Stadt Salalah, im äußersten Westen des Omans nahe der Grenze zum Jemen, führt Fahad uns auf ein Hochplateau. Geröll und Staub, so weit das Auge reicht. Mittendrin ein paar unscheinbare, niederstämmige Bäume namens Boswellia Sacra, kaum drei Meter hoch, knorrig und verzweigt.

Fahad ritzt den Stamm mit einer Spatel vorsichtig ein. Heraus quellen weiße, milchige Harztropfen und gerinnen. „Der erste, aber nutzlose Weihrauch“, erklärt Fahad, „die Besitzer der Bäume schaben ihn nach ein paar Tagen ab und ritzen den Baum erneut.“ Das dann austretende, beigefarbene Harz wird ebenfalls von der Baumwunde abgeschnitten und in drei bis zehn Zentimeter langen Stücken zum Trocknen für drei Wochen in die Sonne gelegt. Dann ist dieser Weihrauch so weit gereift, dass er im Souk verkauft werden kann – zum Verbrennen auf Glühkohle im Stövchen. Der dritte Weihrauchschnitt, silbrig oder grün schimmernd, ist der edelste und wird von den Omanis in Wasser eingelegt. Das soll gegen Halsschmerzen helfen, die Liebeskraft steigern und Kindern bessere Schulnoten bescheren.

Geschichtsschreibern zufolge lebten rund um Salalah, in Omans südwestlicher Provinz Dhofar, vor gut 2000 Jahren die reichsten Menschen der Welt: Weihrauchhändler. Sie hatten quasi das Monopol auf das Harz, damals begehrter als Gold. Allein ins Römische Reich sollen 3000 Tonnen Weihrauch jährlich geliefert worden sein. Dorthin und zu allen anderen Abnehmern gelangte die Kostbarkeit stets per Kamel über die Weihrauchstraße, die wohl älteste Handelsroute der Welt: Drei Monate waren die Karawanen durch die Wüste unterwegs, über Medina bis nach Gaza. Vielleicht kauften hier auch Caspar, Melchior und Balthasar ihren Weihrauch, bevor sie ihn in Bethlehem dem neu geborenen Jesuskind schenkten?

AUF CASPARS, MELCHIORS UND BALTHASARS SPUREN

Bei der Einreise beachten. Der Zeitunterschied zu Mitteleuropa beträgt drei, im Sommer zwei Stunden. Ein Omani Rial, die Währung, entspricht etwa zwei Euro. Geldumtausch im Oman ist günstiger als bei uns und funktioniert an Geldautomaten mit den gängigen Kreditkarten. Bei der Ankunft auf dem Flughafen muss man ein Visum kaufen, es gilt vier Wochen und kostet ca. 40 Euro. Besondere Impfungen sind nicht vorgeschrieben.

Rundreisen im Land. Im Großraum der Hauptstadt Muscat am besten mit dem Taxi. Preis bei Nennung des Ziels vereinbaren! Für weiter entfernte Ziele empfiehlt sich ein Mietwagen mit Vierradantrieb, denn nur damit kommt man in die vielen Berg- und Wüstenregionen – andere Autos werden an Checkpoints zum Umkehren gezwungen. Frauen können sich im Oman problemlos bewegen, sollten allerdings Kleidung tragen, die Knie und Schultern bedeckt.

Beste Reisezeit. November bis Ende Mai, dann ist es angenehm warm und nicht zu heiß.

Anreise. Wien–Muscat–Wien mit Etihad Airways über Abu Dhabi ab ca. 640 Euro; etihad.com

Pauschal. U. a. mit Akademischer Reisedienst, ARR, Dertour, FTI, Gruber Reisen GEO Reisen, Ikarus/Dodotours, Kneissl Touristik, Meiers's Weltreisen, Ruefa, TUI oder Windrose Finest Travel. Ein Siebentageaufenthalt im Fünfsternehotel Intercontinental Muscat kostet für Übernachtung/Frühstück bei FTI 1042 € pro Person. Für Ausflüge ins Landesinnere kann ein Mietwagen gebucht werden.


Essen und Trinken. Pikante arabische Küche in einem Garten mit Dschungel-Anmutung: Kargeen Caffe in Muscat. Unbedingt Nana probieren, den erfrischenden Minz-Zitrone-Eisdrink! kargeencaffe.com. Original omanische Küche, serviert in Separees auf Teppichen und Kissen gibt's bei Bin Ateeq mit Restaurants in Nizwa, Muscat und Salalah. binateeqoman.com.

Attraktionen. Wüsten-Resorts wie etwa Desert Night Camps bieten Übernachtungen in zumeist gemauerten, klimatisierten Unterkünften mit Zeltdach, Schlafzimmer und gut ausgestatteten Bädern. Außerdem sind Aktivitäten wie Kamelreiten, Trekking-Touren, Quad-Bike-Fahrten durch die Dünen oder Sandboarding im Angebot.

Infos. omantourism.de
Einen sehr guten Überblick, viele wichtige Fakten und spannende Geschichten bietet das DuMont-Reisehandbuch „Oman“, 22,95 Euro.

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