Südtirol: Schnell laufen, ruhig zielen

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Themenbild: BiathlonAPA/AFP (JURE MAKOVEC)
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Ski fahren können viele, langlaufen auch, aber auf Bretteln unterwegs zu sein, mit einem Kleinkalibergewehr in aller Ruhe zu zielen und ins Schwarze zu treffen, das können wenige: auf Biathlonschnupperkurs im Antholzer Tal.

Die schwarze Scheibe tanzt vor dem Diopter des Kleinkalibergewehrs hin und her und lässt sich einfach nicht ruhig in der Mitte des Zielrings platzieren. Plötzlich ein lauter Knall im Antholzer Skistadion, dann schlägt die Kugel in die 50 Meter entfernte, weiße Wand ein. Daneben. Schon wieder. Es scheint unmöglich, die elfeinhalb Zentimeter große Scheibe zu treffen. Dabei sieht es im Fernsehen so leicht aus, wenn die Biathleten sogar bei dichtem Schneetreiben, Seitenwind und rasendem Herzschlag einen erfolgreichen Schuss nach dem nächsten abgeben. Anders bei Urlauberin Sandra Mayer, die bei ihren ersten Versuchen trotz absoluter Windstille, bester Sicht und ruhigen Pulses nur ein Mal ins Schwarze trifft. Sichtlich stolz dreht sie sich zu Skilehrer Christian Leitgeb um, der die Waffe noch einmal nachlädt.

Der Südtiroler Wintersportort Antholz ist für seinen alljährlichen Biathlonweltcup bekannt. Viele Profis trainieren hier, auch der Nachwuchs aus dem Dorf saust täglich auf Langlaufskiern durch das Stadion. Urlauber können den Sport ausprobieren und lernen beim Halbtageskurs die verschiedenen Langlaufstile und das Stehend- und Liegendschießen kennen. „Alpinskifahrer bekommen bei uns Skating-Ski, da sie diese Technik relativ leicht erlernen“, erzählt Christian Leitgeb. „Alle anderen starten mit der klassischen Technik in der Spur.“ Für den Skilehrer ist es bereits die 27. Saison in Antholz, hauptberuflich betreibt er wie viele Südtiroler einen Bauernhof. Langsam gleitet er voran und zeigt seiner Schülerin die Schritttechniken und den Stockeinsatz. 2:1er lang oder 1:1er kurz – die technischen Begriffe sind zwar schnell vergessen, aber die Alpinskifahrerin Sandra gleitet nach wenigen Übungen mit gleichmäßigen Schritten sicher durch das weiße Stadion.

Skiregion Kronplatz
Skiregion KronplatzImago

Langlaufen im Gsieser Tal

Antholz gehört zur Ferienregion Kronplatz, die nach dem runden Skiberg bei Bruneck benannt ist. Hier locken dank 500 Schneekanonen selbst in schneearmen Wintern 116 Pistenkilometer aller Schwierigkeitsgrade rund um die Friedensglocke Concordia auf dem Gipfel, die jeden Tag um zwölf Uhr mittags schlägt. Wenige Meter unterhalb des beliebten Treffpunkts hat Mitte 2015 das sechste Mountain-Museum von Reinhold Messner eröffnet. Besonders sehenswert ist die Architektur von Zaha Hadid und der Panoramablick aus den riesigen Fenstern. Für Familien sind besonders die drei Dorflifte im benachbarten Gsiesertal eine gemütliche Alternative zum belebten Kronplatz. „Heuer gibt's nur noch eine Handvoll Dorflifte in Südtirol“, weiß Andreas Lamp vom Guggenberglift in Taisten. Dabei hätten die kleinen Schlepplifte viele Vorteile. „Die Tageskarte ist günstig, und während die Kids am Skikurs teilnehmen oder stundenlang die Piste rauf- und runtersausen, können die Eltern in Ruhe im Restaurant einkehren.“ Andreas Lamp führt einen Zimmereibetrieb und kümmert sich ehrenamtlich um den Wintersport. Das Gsiesertal eigne sich auch gut zum Langlaufen, „es ist für seine schneesicheren Strecken bekannt“, ergänzt der 45-Jährige. „Wir haben eine 28 und eine 42 Kilometer lange Loipe, die bei wenig Naturschnee sogar beschneit werden können.“

Auch das Antholzer Stadion ist den ganzen Winter über weiß – so geht es für Sandra nach dem Langlauftraining und den ersten Schießübungen auf eine „echte“ Biathlonrunde. Flott gleitet sie auf ihren Langlaufskiern zwei Runden durch das Stadion, bevor sie zum Schießstand skatet. Christian Leitgeb reicht ihr das Gewehr, die Urlauberin legt sich auf die Matte. Sie visiert die erste Scheibe am Schießstand Nummer zwei an und trifft dieses Mal sogar alle fünf Scheiben. „Mit den Gästen schießen wir im Liegen auf die großen Scheiben, eigentlich sind die Ziele viel kleiner“, schmunzelt der Skilehrer. „Außerdem liegt das Gewehr zur Stabilisierung auf einer Holzhalterung.“ Für Sandra zählt nur der Erfolg. Freudestrahlend gibt sie Christian Leitgeb das Kleinkalibergewehr zurück, schnallt sich die Langlaufskier wieder an und gleitet eine letzte Runde durch das Antholzer Biathlonstadion.

Gleiten und zielen

Ferienregion Kronplatz, +39/(0)474/555 447, kronplatz.com

Skipässe Kronplatz, Tageskarte für Erwachsene: ab 45 Euro, für Kinder: ab 32 Euro, Sechstagespass: ab 225 Euro/157 Euro.

Tagespass Langlauf Gsiesertal: fünf Euro.

Biathlon-Schnupperstunden, Skischule Antholzertal, Biathlonzentrum Obertalerstraße 33
I-39030 Rasen Antholz, +39/(0)474/ 492 446, skischule-antholz.it

Privatstunde Biathlon: 50 Euro, jede weitere Person: 15 Euro. Halbtageskurs Biathlon: 3 h 80 Euro (mind. 2 P.).

Schlafen im „La Casies“, Neues Viersternenaturhotel am Ende des romantischen Gsiesertals. Großer Pool mit Panoramablick, Wellnessbereich mit Saunen und Dampfbad und Verwöhnpension mit Südtiroler Spezialitäten. DZ ab 105 €/ab 4 Tage, ab 145 € 1–3 Tage. +39/(0)474/978 441, lacasies.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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