Wallfahrt mit Weißbier und Weißwurst

GERMANY-BEER-FESTIVAL-OKTOBERFEST-PREPARATIONS
GERMANY-BEER-FESTIVAL-OKTOBERFEST-PREPARATIONS(c) APA/AFP/dpa/SVEN HOPPE (SVEN HOPPE)
  • Drucken

Die Bayern feiern heuer 500 Jahre Reinheitsgebot. Das beschert auch Nichtbayern die Gelegenheit, bei einer Bierwallfahrt geschmackvoll in Richtung Altötting zu pilgern – eine gute Alternative zum heuer gar nicht so überlaufenen Oktoberfest.

Wallfahrer sind beim Graminger Weissbräu wirklich nichts Besonderes. Die kleine Landbrauerei mit ihrem schattigen Biergarten ist keine 20 Minuten Gehzeit vom Altöttinger Kapellenplatz mit der berühmten Gnadenkapelle entfernt, und der ist schließlich so etwas wie das bayerische Lourdes. Rund um Altötting spannt sich ein dichtes Netz an Pilgerwegen – und so landet der eine oder andere beim Gasthof Graminger Weissbräu, der von drei Schwestern geleitet wird. Eine von ihnen, die Strasser Birgit, hat heute ungewöhnlichen Besuch.

Solche Wallfahrer haben sie hier noch nie gehabt. Die schauen nicht nach Kasteiung aus, sondern nach Hunger und Durst. Bei der Brauereibesichtigung erzählt ihnen die Birgit, wie sie hier auf klassische natürliche Art ihr Bier brauen, das beim European Beer Award schon etliche Goldmedaillen eingesackt hat. Und dass der Hopfen lebt und das Bier eben wegen der natürlichen Zutaten nicht immer gleich schmeckt. Das tut es höchstens bei dem Gebräu der Großkonzerne. „Die Hefe frisst den Zucker und scheißt Alkohol und Kohlensäure“, schickt sie einen deftigen Spruch hinterher. Die Wallfahrer schmunzeln und lassen sich im Biergarten einen Graminger Berggeist, den dunklen Weißbierbock, und einen Graminger Schwarzfahrer, ein dunkles, alkoholfreies Weißbier, einschenken.

Heimische Brezen, lokaler Senf

Heuer sind rund um Altötting die Bierwallfahrer unterwegs. Das hat nicht etwa damit zu tun, dass einer der Brauer in der Umgebung heiliggesprochen worden wäre – was an sich ja nicht ganz verkehrt wäre –, aber für das 500-Jahre-Jubiläum des Reinheitsgebotes darf man sich schon etwas Spezielles einfallen lassen. Die Bierwallfahrten gibt es bis zum Oktober, sie sind die Idee eines Hoteliers. Die Wallfahrer wandern an diesem Morgen schon früh und mit leerem Magen in Unterneukirchen südlich von Altötting los, was schlimmer klingt, als es dann ist: Keine 500 Meter weiter landen sie in der kleinen Brauerei Leidmann, wo Braumeister Sebastian Leidmann gerade den Sud angesetzt und Gattin Margot in der Küche die Weißwürste für das Wallfahrerfrühstück im Topf versenkt hat. Beim Leidmann spielt auch das Weißbier die Hauptrolle, von leichter Weiße bis zum Bock. Die Leidmanns sind gut beschäftigt – wie viele kleine Brauereien in der bayerischen Provinz. „Jetzt sind wieder regionale Produkte gefragt“, erzählt Margot. Das freut auch die Wallfahrer, die sich die Weißwürste eines lokalen Metzgers schmecken lassen, die natürlich von Brezen und Senf heimischen Ursprungs begleitet werden.

Bald schnallt die Gruppe wieder die Rucksäcke auf und wandert über die Wiesen und vorbei an Rapsfeldern in das Landschaftsschutzgebiet Mörnbachtal. Es ist ein gemütlicher Spaziergang mit wenig Höhenunterschieden, wenig Verkehr und kuriosen Sehenswürdigkeiten. Den „Papstpapabieslbaum“ etwa. Der Vater von Papst Benedikt war Gendarm in Unterneukirchen. Wenn er mit dem Rad durch die Dörfer patrouillierte, soll er häufig an diesem Baum sein Geschäft verrichtet haben.
Gegen Mittag landen die Wallfahrer im schattigen Biergarten beim Bräu im Moos. Eine stattliche Landbrauerei mit Blick auf das Rotwildgehege, das im Produktionskreislauf auch eine Rolle spielt. „Wir haben hier gut 100 Tiere, die wir mit dem Treber füttern, den Malzrückständen, die sie besonders gern mögen“, sagt Juniorchefin Caroline, die das Bierbrauen in Weihenstephan studiert hat und vor dem Mittagessen mit Festbiersuppe und geschmortem Kalbstafelspitz mit Biersenfsoße noch eine Führung durch das Brauereimuseum macht.
Es sind noch einige Kilometer bis Altötting, vorbei an Tüßling, wo gerade ein Bierzelt mit Vergnügungspark aufgebaut wird. Das wird links liegen gelassen. So eine Wallfahrt ist ja schließlich keine Gaudi. Von Weitem leuchten die beiden schlanken Türme der Altöttinger Stiftspfarrkirche. Nächste Station ist das Graminger Weissbräu, wo sich die Wallfahrer mit einer Brettljause stärken, dazu ein Glas vom alkoholfreien Schwarzfahrer, dann steht die finale Etappe auf dem Programm. 20 Minuten fehlen noch bis zum Altöttinger Kapellplatz, wo sich geistliche und weltliche Wallfahrer treffen und die Bierwanderer von einem Kapuzinermönch mit einem religiösen Kurzvortrag begrüßt werden, bei dem es auch darum geht, dass das Bier in der Bibel zwar nicht annähernd so präsent sein mag wie der Wein, aber dennoch auch eine Rolle gespielt hat.

Wieso auch nicht. Klöster waren ja schließlich die Pioniere des Brauwesens. Nach einer Verkostung des offiziellen Altöttinger Pilgerbiers treten die müden Wallfahrer den Rückweg per Shuttle-Bus an. In Unterneukirchen wartet der Hotelchef mit einem viergängigen Biermenü, wobei jeder Gang mit einem Bier der besuchten Brauereien begleitet wird. Es werden wohl einige Tausend Kalorien zusammengekommen sein an diesem Wallfahrertag. Aber schließlich ist ja nicht jedes Wochenende Wallfahrt, und auch das Reinheitsgebot hat ja nicht jedes Jahr ein solches Jubiläum.

HOPFEN UND MALZ, GOTT ERHALT'S

Das Hotel Traumschmiede in Unterneukirchen bietet bis Oktober Bierwallfahrten an. Zwei Übernachtungen inklusive Bierwallfahrt und Bier-Genuss-Menü kosten pro Person 179 Euro.
www.hotel-traumschmiede.de

Brauerei Leidmann
Bräustraße 1
D-84579 Unterneukirchen
www.brauerei-leidmann.de

Bräu im Moos
Bräu im Moos Str. 1
D-84577 Tüßling
www.braeuimmoos.de

Graminger Weissbräu
Graming 79
D-84503 Altötting
www.graminger-weissbraeu.de

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.