Uganda

Bei den gar nicht so dummen Verwandten

Mit dem Schimpansen teilen wir 99 Prozent des Erbguts.
Mit dem Schimpansen teilen wir 99 Prozent des Erbguts.Norbert Rief
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Idi Amin ist noch immer das Erste, was vielen zu Uganda einfällt. Man tut dem Land damit unrecht, das sich jetzt stärker für den Tourismus öffnet und zwei gute Argumente für einen Besuch hat: Schimpansen und Berggorillas.

Ein Prozent, vielleicht 1,3. Sehr viel größer ist der genetische Unterschied nicht zwischen dem Lebewesen, das gerade ganz fasziniert in den Dschungel blickt, und dem Lebewesen, das zufrieden auf dem Boden sitzt und Blätter frisst. Das eine ein Mensch in teurer Spezialkleidung, die angeblich Moskitos fernhält. Das andere ein Schimpanse, ohne Kleidung, dafür mit dichtem Fell. US-Forscher wollen ein Gen gefunden haben, das wesentlich den Unterschied zwischen den beiden ausmacht. Für die Entwicklung des menschlichen Gehirns ist demnach das Gen HAR1F verantwortlich, das sich von dem des Schimpansen an 18 Stellen unterscheidet. Vor fünf Millionen Jahren trennten sich die evolutionären Wege von Mensch und Schimpanse, wir setzten auf das Gehirn, das mittlerweile etwa dreimal so groß ist wie das der Menschenaffen. Auch wenn man das freilich nicht immer merkt. Manche Mitglieder der Gattung Homo sapiens würden wahrscheinlich genauso zufrieden wie der Schimpanse auf dem Boden im Dschungel sitzen – vorausgesetzt, man gibt ihnen das richtige Handy.

Solche Gedanken kommen einem, wenn man in Uganda durch den Kibale-Nationalpark spaziert. 1450 Schimpansen leben hier auf einer Fläche von etwa 800 Quadratkilometern. Als Besucher fühlt man sich wie in einem Zoo ohne Käfige, die Tiere kommen einem auf wenige Meter nahe (als Mensch muss man laut Vorschriften sieben Meter Abstand halten, die Affen kümmert das weniger). Zu verdanken hat man diese Vertrautheit den Rangern, die sieben Jahre lang jeden Tag zu den Schimpansen gehen, ein paar Stunden mit ihnen verbringen und sie so an menschliche Wesen gewöhnen.

Fischer auf dem Lake Edward, der wichtige Nahrungs- und Einnahmequelle für viele Einheimische ist.
Fischer auf dem Lake Edward, der wichtige Nahrungs- und Einnahmequelle für viele Einheimische ist.Norbert Rief

Amins Schreckensherrschaft

Bei einem solchen Aufwand stellt sich vor allem eine Frage: Warum hat Uganda bisher so wenig auf Tourismus gesetzt? Stimmt schon, die Verlockung, das Land zu besuchen, war für Europäer lange Zeit nicht sonderlich groß. Die Regentschaft von Idi Amin endete zwar 1979, aber die Geschichten seiner Grausamkeit wirken bis heute nach. Seiner Schreckensherrschaft folgten unsichere Zeiten mit einem Guerillakrieg, 1986 übernahm Yoweri Museveni die Macht und befriedete – abgesehen vom Norden – das Land, brachte wirtschaftlichen Aufschwung und wurde mittlerweile sogar als Präsident fünfmal wiedergewählt (zuletzt mit 61 Prozent im Februar 2016) – nachdem er ein Amtszeitlimit abschaffen ließ.

Natürlich hat Uganda Einzigartiges zu bieten. Als „die Perle Afrikas“ bezeichnete einst Winston Churchill das britische Protektorat, das mit weiten, schier endlosen Landschaften ebenso beeindrucken kann wie mit dichtem Dschungel und Gebirgen. Sattes Grün in Variationen, die man von dieser Farbe gar nicht gekannt hat, beherrschen die Landstriche. Die relativ frisch gekrönte Queen Elizabeth II. war tief beeindruckt, als sie Uganda 1954 besuchte (woraufhin man gleich den 1952 gegründeten Kazinga-Nationalpark in Queen-Elizabeth-Nationalpark umbenannte). Es gibt hier – abgesehen vom ausgerotteten Nashorn (das es nur in einem speziellen Schutzgebiet gibt) – alle großen Tiere Afrikas zu sehen (theoretisch). Vor allem aber hat man Berggorillas. Und sie sind, abgesehen von den Schimpansen, der Hauptgrund, in dieses Land zu reisen.

„Drei Stunden“, sagt unser Fahrer, dann seien wir bei den Berggorillas. Mittlerweile wissen wir, dass drei Stunden eher sechs Stunden sind. Zeit ist relativ, wenn man nichts hat, für das man sich beeilen muss. Hat man nur eine Woche Zeit, dann bedeutet der Besuch bei den Schimpansen und Gorillas viel Auto fahren und lange Strecken. Als Zwischenstopp empfiehlt sich der Queen-Elizabeth-Nationalpark samt einer klassischen Safari inklusive garantierter Löwen. Empfehlenswert ist auch eine Fahrt auf dem Kazinga-Kanal zwischen den Seen Edward und George, auf der man einen Gutteil der 372 Vogelarten des Nationalparks (im ganzen Land gibt es 1067) sieht, Elefanten, Hippos und auch Krokodile.

Ein junger Berggorilla ist Grund zur Freude: Weltweit gibt es nur 800 Exemplare.
Ein junger Berggorilla ist Grund zur Freude: Weltweit gibt es nur 800 Exemplare.Norbert Rief

Noch 800 Berggorillas

Die vom Aussterben bedrohten Berggorillas findet man im Südwesten des Landes im Bwindi-Nationalpark auf einer Seehöhe von mehr als 2000 Metern. Hier leben etwa 400 bis 480 Tiere, ungefähr die Hälfte aller Berggorillas (eine zweite Population gibt es bei den Virunga-Vulkanen im Grenzgebiet der Demokratischen Republik Kongo, Ruandas und Ugandas). Billig ist ein Besuch bei den Verwandten (mit Gorillas teilen wir uns ungefähr 98 Prozent der DNA) nicht: 750 Dollar (450 Dollar in der Nebensaison) kostet eine Permit für einen Tag, bei den Gorillas selbst darf man sich eineinhalb Stunden aufhalten. Dafür wird einem nicht nur ein ganz spezielles Erlebnis geboten, man tut mit dem Eintrittspreis auch Gutes: 20 Prozent der Einnahmen gehen nach Angaben des Nationalparks an Schulen, Kliniken und andere örtliche Projekte.

„Vorsicht“, mahnt der Ranger, als sich wieder ein Berggorilla nicht an die Abstandsvorgaben von sieben Metern hält und auf die Gruppe von acht Besuchern zugeht. Mit Glück sind wir nach nicht einmal einer Stunde auf die Gorillafamilie gestoßen, mit Pech geht man einige Stunden mehr durch den Dschungel. Kopf senken und nicht direkt in die Augen schauen, langsam geht der Gorilla vorbei und streift einen US-Amerikaner, der später vor Freude über diese Begegnung laut aufjauchzt.

Eineinhalb Stunden Aufenthalt

Auch diese Tiere wurden über Jahre an die Menschen gewöhnt. Sie schauen nicht einmal auf, als der Trupp, angeführt von Rangern, vermeintlich leise, wie man uns ermahnt hat, aber vermutlich doch recht laut durch das Gestrüpp auf sie zukommt. Nur etwa 70 Gorillas, wenige Familien, darf man besuchen, den anderen Tieren lässt man Ruhe. Nicht alles wird dem Tourismus und den Devisen untergeordnet, deshalb ist ein Besuch bei den Berggorillas auch noch ein sehr exklusives Erlebnis.
Ein Wort zu den Unterkünften in Uganda: Den überbordenden Luxus mancher afrikanischer Staaten wird man hier nicht finden. Die Hotels und Lodges sind oft schlicht, aber sauber, geschmackvoll und unaufdringlich schön. Zum Essen gibt es viel Gemüse und – für Touristen – viel Fleisch.
Apropos, auch diesbezüglich gibt es Ähnlichkeiten mit den Schimpansen. Laut Max-Planck-Institut bringen Männchen den Weibchen teilweise Fleisch von Tieren, die sie speziell gejagt haben. Nicht ganz selbstlos: Im Gegenzug zum Abendessen gibt es Sex.

Unterwegs

Anreise: mit Ethiopian Airlines über Addis Abeba nach Entebbe. (www.ethiopianairlines.com)

Vorab: Vorgeschrieben ist eine Gelbfieberimpfung, dringend empfohlen wird Malaria-Prophylaxe. Das Visum kann online beantragt werden (50 Euro).

Unterkünfte: Direkt bei den Schimpan- sen gibt es die Primate Lodge mit kleinen Hütten. Rund um den Bwindi-Nationalpark empfiehlt sich das Rushaga Gorilla Camp mit geschmackvollen Quartieren. Im Queen Elisabeth Nationalpark: Mweya Safari Lodge. Auf dem Rückweg nach Entebbe liegt das Igongo Cultural Center & Country Hotel samt kleinem Museum.

Info: Uganda Tourism Board, www.visituganda.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.2.2017)

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