Weltkulturerbe am Mekong: Luang Prabang

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Laos. Die alte Königsstadt Luang Prabang erwacht erst spätnachmittags zum Leben. Noch ist sie ein Geheimtipp für Europäer.

Nicht nur morgens um sieben ist in Luang Prabang die Welt noch in Ordnung. Doch dann ganz besonders, zumindest für alle, die den Weg aus dem Bett gefunden haben. Sobald der Abt die Linien seiner Hand erkennen kann, ziehen die Mönche zum Almosengang durch die Kleinstadt in Laos. Bei Tagesanbruch strömen Hunderte schweigender Männer und Buben aus den Klöstern und verwandeln die Straßen in ein Meer aus Safrangelb. Luang Prabang ist das älteste religiöse Zentrum des ostasiatischen Landes. Seine Anziehungskraft reicht bis über die Grenzen der Nachbarländer.

Den Mönchen ihre tägliche Nahrung zu spenden ist für die Einheimischen eine Selbstverständlichkeit. Auch die Touristen erstehen am frühen Morgen bei den Händlern am Straßenrand Klebereis. Ihr Motiv: dieses Highlight per Videokamera festzuhalten, wenn sie den Mönchen die Gabe in die Opferschalen legen.

Geruhsame Gelassenheit bestimmt auch den sonstigen Tagesverlauf in Luang Prabang. Noch gibt es hier den Charme jener vergangenen Zeit, die Catherine Deneuve als Plantagenbesitzerin Eliane in dem Film „Indochine“ Mitte des vergangenen Jahrhunderts im Nachbarland Vietnam erlebt hat.

Beim spätmorgendlichen laotischen Kaffee im „Sala Café“ überzeugen Frische und Geschmack. Unter dem schützenden grünen Blätterdach schweifen die Blicke über den trägen braunen Nam Khan, bevor es zur nächsten Tempelbesichtigung geht. Im alten Stadtzentrum auf der Halbinsel zwischen dem Mekong und dem Nam Khan fällt die Orientierung leicht. Parallel zu den Flüssen verlaufen die beiden Uferpromenaden, dazwischen reihen sich wie an einer Perlenschnur Klosteranlagen und Tempel aneinander.

Vor mehr als 650 Jahren wählten die Könige des ersten laotischen Großreichs Luang Prabang zu ihrem Zentrum. Die Hauptstadtkrone musste die Stadt mittlerweile an Vientiane (Viangchan) an der Grenze zu Thailand abtreten. Doch in der alten Königsstadt bestimmen auch heute noch Traditionen das Leben. Traditionelle Stelzenbauten dienen ebenso als Wohnungen wie Villen aus der französischen Kolonialzeit, unzählige Klöster und Tempel prägen das Stadtbild. Die Unesco erklärte 1995 die Architektur, aber auch die Natur in und um Luang Prabang zum Weltkulturerbe.

Bäuerliche Selbstversorger

„Wir wollen das traditionelle Luang Prabang erhalten und zugleich bessere Lebensbedingungen für die Menschen schaffen“, sagt Unesco-Mitarbeiter Rasmy Sitthirath. In dem kleinen Land leben noch rund 85 Prozent der Bevölkerung als Selbstversorger von der Landwirtschaft. Bei der Reisernte ab Mitte Juni wird jede Hand gebraucht, die Kinder haben während dieser Regenmonate schulfrei. Doch Rasmy ist zuversichtlich: In Luang Prabang ist in den vergangenen Jahren schon vieles restauriert worden, die Lehmpfade, die zu den Tempeln führen, sind heute befestigt, das Wasser am Wegrand fließt jetzt durch Drainagen ab, verfallene Häuser wurden wieder aufgebaut.

Die älteste und zugleich wohl schönste Klosteranlage ist das Wat Xieng Thong. Dessen in mehreren Lagen übereinandergestaffeltes Dach erinnert an ein Gefieder, die Glasmosaiksteine des Flammenbaums auf der rückwärtigen Wand funkeln in der Sonne. Neben den architektonischen Schätzen sind es aber vor allem die Menschen, die mit ihrer Freundlichkeit und ihrem Lächeln den Aufenthalt unvergesslich machen. Die Novizen in den Klöstern trainieren beim Gespräch mit den Touristen gern ihre Englischkenntnisse. Die Gelegenheit haben sie immer häufiger: Rund 100.000 Touristen kommen im Jahr in die Kleinstadt mit etwas mehr als 40.000 Einwohnern, die meisten allerdings aus Asien.

Am späteren Nachmittag wird es deutlich lebhafter auf den Straßen. Aus den umliegenden Dörfern knattern Mopeds in die Stadt, beladen mit mehreren Passagieren und bepackt mit Taschen, Körben und Boxen, Radfahrer kommen mit ihrer kostbaren Fracht angestrampelt.

Wenig später sind die Straßen nahe des Phousi-Berges zu einer einzigen Flaniermeile geworden, der tägliche Nachtmarkt hat geöffnet. Selbst genähte Decken, Kissenhüllen und Taschen, Seidenschals, Schnitzereien und Buddhas in jeder Größe – bei den Marktfrauen ist für jeden Geldbeutel etwas dabei. Das freundliche, respektvolle Handeln gehört mit zum geschätzten Ritual.

328 Stufen muss erklimmen, wer das goldene That Chomsi auf der Spitze des Bergs Phousi sehen will. Vorbei geht es an feuerspeienden Drachen und Riesenschlangen, die den Aufgang zum Heiligtum bewachen. Der Blick auf den Königspalast und den Nam-Khan-Fluss entschädigt für die Mühe. Verständlicherweise herrscht hier gerade zum Sonnenuntergang oft Hochbetrieb: Wenn der Feuerball Fluss, Altstadt und die gegenüberliegenden grünen Hügel in sanftes rötliches Licht taucht, bleibt die Zeit gleich für etliche Momente stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2010)

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