Mozambique: No Smoking!

(c) Atlantide Phototravel/Corbis (Guido Cozzi)
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Selbst jemand, der als Kettenraucher in den zauberhaften Norden von Mozambique reist, wird sich wohl bald keine Zigarette mehr anzünden: Dafür sorgt Ben, ein temperamentvoller Elefant.

Eines Tages stand er plötzlich vor der Veranda des Buschrestaurants, der Riese mit der runzligen Haut. Und heute, Monate später, kann sich im Lugenda Wilderness Camp im Norden von Mozambique niemand mehr einen Alltag ohne Ben vorstellen.

Der Elefantenbulle arbeitet auf dem Gelände der Safarilodge ehrenamtlich als Rasenmäher. Pro Tag futtert er eineinhalb Zentner Gras weg. Kindern gefällt es besonders, wenn er mit den Ohren wackelt. Auch dass er gelegentlich seinen Dung vor dem Eingang der Ferienbungalows hinterlässt, tut seinem guten Ruf keinen Abbruch. Manchmal trottet Ben für ein paar Stunden aus dem Camp, um im Busch Delikatessen zu naschen. Die Früchte des Wurstbaums (Kigelia pinnata) etwa: geformt wie Leberwürste und so schwer, dass der stärkste Mann das Bewusstsein verliert, wenn ihm eine auf den Kopf fällt. Ben hingegen hat eine stahlharte Stirn. Ihm können solche Schicksalsschläge nichts anhaben. Entspannt schlendert er nach dem Festmahl zu seinem Lieblingsplatz zurück: auf die Wiese vor der hölzernen Veranda im Safaricamp.

Das Lugenda-Naturreservat ist gut halb so groß wie Bayern – und 100 Mal interessanter. Vom Jeep aus entdecken die Urlauber an diesem Tag zum Beispiel Nilpferde, die sich im Bachbett des Lugenda-Flusses erfrischen, Kaffernbüffel, Zebras, Gnus und sogar ein Nashorn. Doch ihr Liebling ist schon bald Ben, der abends wieder im Camp auf sie wartet. Nur eine Sache kann der Elefant nicht ausstehen: Zigarettenrauch. Sobald sich jemand einen Tschick  anzündet, legt er die Stirn in Falten, stellt seine Nackenhaare auf und schnaubt, dass sich die Palmen biegen.

Die meisten Urlaubsgäste im Camp nehmen Rücksicht auf Bens Zigarettenaversion. Manchen Touristen hingegen fällt es schwer, im Mozambique-Urlaub plötzlich dem Glimmstängel zu entsagen. Zum Beispiel den Safarigästen, die an diesem Vormittag mit einem Kleinflugzeug gelandet sind. Plaudernd trinken sie Kaffee auf der Veranda des Buschrestaurants, beobachten die Antilopen, die in der Ferne grasen. Und zünden sich  –trotz aller Warnungen der Wildhüter – beiläufig eine Zigarette an.

Ben sieht rot. Die Stressfalte gräbt sich immer tiefer in seine Stirn. Als der Elefant zu schnauben beginnt, merken die Urlauber auf. Zu spät: Drohend schwingt Ben den Rüssel hoch in die Luft, schlackert wild mit den Ohren, rennt auf das Restaurant zu – und rammt seine Stirn gegen das Verandadach. Die Hütte erzittert, als habe ein Komet eingeschlagen.

Die Urlauber kreischen auf. „Zigaretten aus!“, brüllt der Chefwildhüter. Hektisch dämpfen alle ihre Glimmstängel aus, doch Ben ist noch immer in Rage, reibt mit der Stirn am Dach der Veranda. Durch eindringliches Zureden und das Tätscheln seines Nackens schaffen es die Wildhüter schließlich, den Elefantenbullen zu besänftigen.


Schneeweiße Strände. Auch auf der Insel Matemo, etwa zwei Flugstunden entfernt, versuchen sich Feriengäste gerade auf der Veranda einer Luxuslodge zu entspannen. Das kleine Eiland gehört zum Quirimbas-Archipel, den die Regierung von Mozambique im Sommer 2002 als Nationalpark ausgewiesen hat. Beinahe menschenleere schneeweiße Sandstrände blenden im Sonnenlicht, das Wasser ist türkisfarben, der Wind wiegt Kokospalmen sanft hin und her. Und weit draußen auf dem Indischen Ozean segelt ein Dhau.

Bisher ist nur eine Handvoll der 31 Inseln des Archipels bewohnt und touristisch erschlossen, aber das soll sich bald ändern. Die goldblonde Managerin der Lodge, sie stammt aus Johannesburg, nimmt einen Schluck aus ihrem Cocktailglas und deutet auf das Meer hinaus: „Auch dort draußen wird es bald Hotels geben“, schwärmt sie. „Es ist ein Privileg, bereits jetzt hier zu sein – bevor der Tourismus in Mozambique richtig in Schwung kommt.“ Später am Abend gesellt sich auch Isa zu den Urlaubern hinzu, der Intellektuelle unter den Lodge-Mitarbeitern. Er ist Hobby-Historiker, hat Ökonomie studiert und spricht fließend Englisch, Arabisch sowie Kiwami, den auf der Insel gebräuchlichen Suaheli-Dialekt.

Der Mann mit der Durchblickerbrille auf der Nase stammt aus der mozambiquanischen Hauptstadt Maputo und hat eine wichtige Aufgabe: die Mediation zwischen dem Hotelmanagement und der Inselbevölkerung. „Auch die lokale Bevölkerung muss von der touristischen Entwicklung profitieren“, sagt Isa. Denn so idyllisch die Natur auf dieser Traumferieninsel sein mag, das Leben auf Matemo hat seine Tücken: „Auf der ganzen Insel gibt es zum Beispiel kein Süßwasser“, erzählt Isa. Die Menschen sammeln das spärliche Regenwasser in Zisternen, trinken in der Not aber auch häufig Meerwasser.

Am nächsten Tag lassen sich einige Urlauber von Isa mit dem Jeep in ein Inseldorf fahren. Die meisten der rund 2000 Bewohner Matemos leben vom Fischfang und wohnen in niedrigen weißen Lehmhütten, mit Palmblättern gedeckt. „Agua!“ – „Wasser“ – rufen die Kinder, als die Feriengäste im Schritttempo durch ihr Dorf fahren, und strahlen sie erwartungsfroh an. Sie betteln um Süßwasser in Plastikflaschen.

Bongos dröhnen. Reis, Erdnüsse, Mais und getrocknete Maniokwurzeln müssen ebenfalls mit der Dhau oder dem Flugzeug vom Festland herübergebracht werden. Und auch Obstbäume wachsen auf Matemo mangels Süßwassers bisher kaum. Das versucht die Lodgemanagerin nun zu ändern: Das gesamte Abwasser des Hotels lässt sie mit Spezialfiltern reinigen, in Stahltanks sammeln und zur Bewässerung in die Dörfer bringen. Isa hat gemeinsam mit Freiwilligen bereits 400 Mangobäume gepflanzt, die Kinder gießen sie mit bunten Plastikkannen.

Aus einem der schneeweißen Häuser im Dorf klingt Trommelgewirbel. Nun können die Feriengäste eine Probe des traditionellen Folklore-Ensembles von Matemo miterleben: Knaben hämmern mit ihren Fäusten virtuos auf eine Art von Bongos ein, und zierliche Mädchen wiegen sich, auf dem Boden kniend, dazu im Takt.

Später führt Isa die Reisegruppe zum „Insel-Museum“, einer Steinplatte mit Geländer drumherum und einer Grundfläche von etwa vier Quadratmetern. Ausgestellt sind Korallen und Muscheln sowie ein Schildkrötenpanzer. Als Andenken an die alten Zeiten. „Schildkröten schmecken lecker“, sagt Isa, „ähnlich wie Büffel.“ Seit die Regierung den Quirimbas-Archipel jedoch zum Nationalpark erklärt hat, dürfen die Inselbewohner die bedrohten Tiere nicht mehr jagen.
Die Inselschule ist ein lang gezogener Flachbau, der wie eine Stallanlage aussieht. Mademi, ein junger Englischlehrer, wohnt gleich nebenan. Seine Wäscheleine hat er zwischen zwei Palmen gespannt. „Immerhin haben wir auf Matemo ein richtiges Schulgebäude“, sagt er ein wenig stolz. „Sonst wird in Mozambique häufig unter Bäumen unterrichtet.“

Doch der Lehrerjob verlangt auch auf dieser Traumferieninsel Idealismus: „Oft muss ich die Kinder zu Hause zum Unterricht abholen“, erzählt Mademi. „Sonst kommen sie einfach nicht. Besonders zu Klausuren.“ Isa sieht sich denn auch nicht zuletzt als Missionar im Dienste der Volksbildung. „Warum sind deine Söhne nicht in der Schule?“, stellt er einen älteren Mann zur Rede, der mit seinen Freunden auf einer Holzbank vor seiner Hütte sitzt. Statt bei Mademi Englisch zu lernen, ballestern die Kinder mit einem schäbigen Fußball. „Denk an ihre Zukunft!“, sagt Isa. Doch die Männer lachen nur.

Alle mögen Isa mit seiner Schlaumeierbrille, aber seine Autorität auf Matemo ist eher begrenzt. Vielleicht sollte er bei seiner nächsten Kontrolltour durch die Inseldörfer Ben aus dem Lugenda-Camp zur Unterstützung mitnehmen.

Der graue Gigant grast unterdessen friedlich im Schatten des Feigenbaums beim Restaurant des Lugenda-Safari-Camps. An diesem Tag ist eine neue Gruppe von Urlaubsgästen aus Deutschland eingetroffen. Nach der Jeep-Safari sitzen die Urlauber auf der Veranda und entspannen sich bei einem Wind-hoek-Bier aus Namibia. Es ist spät geworden, der Himmel hat sich rötlich verfärbt.
„Der ganze Luxus in der Heimat drüben ist doch letztlich überflüssig“, sagt eine der Touristinnen. Sie schwärmt vom „Zauber der Wildnis“ hier in Mozam-bique, von den Elefanten, dem einfachen Leben.

Die Urlauber bestellen eine weitere Runde Bier, prosten einander zu. Und als die Stimmung den Höhepunkt erreicht, kramt ein Feriengast aus Berlin gedankenverloren ein Päckchen Zigaretten aus seiner Umhängetasche.

Mozambique-Infos

Anreise:
von Wien mit Lufthansa (www.lufthansa.com) nach München, weiter mit South African Airways (www.flysaa.com) via Johannesburg nach Maputo und retour ab 1395 Euro. Anschlussflüge nach Pemba (Quirimbas-Archipel) und Vilankulo (Bazaruto-Archipel) sind mit Airlink (www.flyairlink.com) bzw. Pelican Airlines (www.pelicanair.co.za) erhältlich. Weitere Flüge ab Nelspruit/Krügerpark. Ab 1. April 2011 fliegt die staatliche Fluggesellschaft LAM zweimal wöchentlich direkt von Lissabon nach Maputo (www.lam.co.mz).
Visa: Konsulat der Republik Mozambique, Theresiengasse 6, 1180 Wien, Kosten je nach Aufenthaltsdauer ab 30 Euro.

Auskünfte
Fremdenverkehrsamt Mozambique: www.mosambiktourimus.de

Pauschal
Dertour, 0662/40 88 20, www.dertour.at
GEO Reisen, 0662/662 890 111 www.geo.at
Ikarus-Dodotours 01/492 40 95-0 www.ikarus-dodo.at
Ruefa, 01/588 00-309 www.ruefa.at
TUI, 050 884 403 www.tui.at

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