Sri Lanka: Buddhas Backenzahn und Elefantenstoßzähne

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Symbolbild(c) EPA (BARBARA WALTON)
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Im Hochland der Tropeninsel werden Waisen schon mal drei Meter groß, hat sich ein Vatermörder in einer Bergfestung verbarrikadiert, wächst erlesener Tee und Buddha war auch schon dreimal da.

Wie steigt man auf einen drei Meter hohen Elefanten? In Sri Lanka, in der Nähe der alten Königsstadt Polonnaruwa, machen es sich die Mahouts, die Elefantentreiber, leicht. Sie haben eine Holzplattform errichtet, die bequem über Stufen erklommen werden kann. Der knapp über dreißig Jahre alte Elefant Meneke stellt sich darunter – und die sechs Touristen auf einer Rundreise durch das Hochland Sri Lankas steigen nacheinander vorsichtig über eine niedrige Metallbrüstung, die auf dem Elefantenrücken befestigt ist.

Dann heißt es rechts oder links auf einem der beiden Bänkchen Platz nehmen – und schon führt der Mahout den Elefanten Meneke gemächlichen Schrittes am Ufer eines kleinen Sees entlang. Zugegeben, wenn der vier Tonnen schwere Koloss vor sich hin stapft, schaukelt das etwas – aber im Vergleich zu den schlaglochbestückten Straßen bei der Anfahrt ist der Elefantenritt richtiggehend erholsam. Es sei denn, es geht steil bergab – denn dann sollte man sich gut festhalten. Noch nicht abenteuerlich genug? Kein Problem, der Mahout bietet Besuchern auch gern an, nach vorn zu klettern und einige Minuten lang einen Logenplatz auf Menekes Hals einzunehmen.

Etwa 3000 bis 4000 Elefanten leben derzeit noch in Sir Lanka – doch nur knapp 1000 davon sind zahme Arbeitselefanten wie Meneke, die Feriengäste durch das Hochland tragen oder die für den Holztransport eingesetzt werden. Die restlichen Elefanten leben in freier Wildbahn. Was zuweilen auch Probleme mit sich bringt: „Wenn Elefanten eine Straße oder Bahngleise überqueren, kommt es häufig zu Unfällen“, sagt Shelton, ein Fahrer und Reiseleiter, der regelmäßig mit Urlaubern im Hochland Sir Lankas unterwegs ist.

Was tun mit Elefantenwaisen?

„Und wenn die Elefanten auf Nahrungssuche sind, zerstören sie oft die Felder“, berichtet er weiter. „Wenn man es genau nimmt, haben wir hier fast eine Art Krieg zwischen den Menschen und den Elefanten.“ Ein Krieg, dem jedes Jahr zwischen 200 und 300 Elefanten zum Opfer fallen, die von Menschen erschossen werden.

Doch was, wenn ein Elefantenbaby zurückbleibt? Dafür gibt's eine Lösung: In Pinnawela, etwa achtzig Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Colombo, befindet sich das erste und bislang einzige Elefantenwaisenhaus der Welt. „Anfang der 70er-Jahre wurde mit vier Elefanten angefangen – heute sind es schon mehr als siebzig Tiere“, sagt Shelton. Das Waisenhaus ist mittlerweile eine der wichtigsten Touristenattraktionen des Landes. Viele Besucher kommen schon morgens um neun, wenn die jungen Elefanten mit Milch gefüttert werden. Zweimal am Tag werden alle Dickhäuter, auch die ausgewachsenen Tiere, die im Waisenhaus bleiben dürfen, an den Maha-Oya-Fluss zum Baden geführt. Ein Spektakel, das sich kaum ein Sri-Lanka-Urlauber entgehen lässt. Zahme Elefanten sind in Sri Lanka, einem Land, das Marco Polo einst als die „schönste Insel der Welt“ bezeichnet hat, nicht nur Touristenattraktion und Arbeitstiere. Sie haben auch religiöse Bedeutung. Jedes Jahr im Juli oder August werden rund 100 Elefanten nach Kandy gebracht, um in der alten Königsstadt im Hochland Sri Lankas an einer Prozession teilzunehmen.

Die Perahera-Feierlichkeiten, deren genauer Termin – in diesem Jahr Mitte Juli bis Anfang August – sich nach dem Mond richtet, sind eines der farbenprächtigsten Feste ganz Asiens. Bei Vollmond ziehen die Elefanten geschmückt – und zum Teil sogar illuminiert – durch die Straßen Kandys. Das größte und stattlichste Tier trägt die am meisten verehrte Reliquie des Landes: einen Backenzahn Buddhas, der ansonsten im sogenannten Zahntempel aufbewahrt wird – hinter einem Durchgang, den zwei mannshohe Elefantenstoßzähne bilden.

Der Zahntempel in Kandy, im 18. Jahrhundert erbaut, ist das wichtigste Heiligtum der Buddhisten im Land: „Der Zahn ist im 4. Jahrhundert nach Christus hierhergekommen, eine Prinzessin aus Indien hat ihn in ihrem Haar versteckt und nach Sri Lanka gebracht, weil er in Indien zerstört worden wäre“, erklärt Fremdenführer C. J. Sudusinghe, der Touristen aus dem deutschsprachigen Raum durch das Hochland begleitet.

Der Zahn auf dem goldenen Teller

Buddhas Zahn wird im ersten Obergeschoß des Tempels in einem abgeschlossenen Schrein auf einem goldenen Teller aufbewahrt. Die Reliquie hat auch innerhalb Sri Lankas eine weite Reise hinter sich. Sie war unter anderem in Anuradhapura und Polonnaruwa deponiert, wurde aber auch noch mehrmals zurück nach Indien gebracht.

In die Schatzkammer darf nur, wer etwas spendet. Doch auch, wer die silberne Türschwelle nicht überschreiten und auf einen roten Teppich ins Allerheiligste vordringen darf, kommt in den Zahntempel und bittet um Glück, Erfolg und Gesundheit. Und schaut den Tempeltänzern zu, die hier mehrmals täglich – untermalt von Trommeln und Flötenmusik – traditionelle buddhistische Bitt- und Opferzeremonien darbieten.

Wer den Zahntempel in Kandy besucht, hat keinen Zweifel daran: Sri Lanka, ehedem Ceylon, ist weit mehr als nur Küste. Gerade das Binnenland bietet einen Einblick in die Hintergründe der mehr als 2500 Jahre alten singhalesischen Kultur. Die Kulturdenkmäler des Hochlands lassen kaum einen Besucher kalt. Ob in Dambulla, wo Felsentempel zu bewundern sind, die aus dem ersten Jahrhundert vor Christus stammen und in denen mehr als 150 Buddhafiguren aufgestellt sind, oder in Polonnaruwa, wo König Parakrama Bahu I. im 12. Jahrhundert n. Chr. einen fast 22 Quadratkilometer großen Stausee anlegen ließ.

Der Höhepunkt einer Reise in die ehemaligen Königsstädte im Hochland Sri Lankas ist der Besuch der Felsenfestung in Sigiriya. „König Kassapa hat 18 Jahre hier auf dem Felsen gelebt. Er hat sich hierher zurückgezogen und verbarrikadiert, nachdem er seinen Vater umgebracht hatte, weil er die Rache seines Bruders fürchtete“, schildert Reiseführer Shelton, der für die Agentur Journey Scapes Gäste mit der Limousine durchs Land chauffiert.

Im Gegensatz zum hölzernen Palast Kassapas, der längst verrottet ist, sind einige Gemälde aus der Zeit des Königs erhalten geblieben. In Gängen, die in den Felsen geschlagen sind und sich auf etwa halber Höhe am Rand des Sigiriya-Felsens befinden, lassen sich rund ein Dutzend Bilder bewundern, die barbusige Frauen darstellen – die sogenannten „Wolkenmädchen“. Wer den „Löwenfelsen“ ganz erklimmen will, kann eine steinerne Treppe benutzen, die an einem Portal beginnt, das von zwei gewaltigen steinernen Löwentatzen gebildet wird.

Eine Rundreise im Hochland Sri Lankas wäre unvollständig ohne einen Besuch in Nuwara Eliya. Hier, auf 1890 Meter Höhe, wachsen nicht nur die erlesensten Teesorten. Wer will, kann hier auch gleich in einer ehemaligen Teefabrik übernachten. Die nach einem Ort in England benannte Hethersett Teafactory, die im Jahr 1973 stillgelegt worden war, wurde von ihren Besitzern in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in ein stilvolles Hotel mit knapp sechzig Zimmern verwandelt. Die alte Dampfmaschine, die einst die Fabrik mit Elektrizität versorgt hat, erinnert an die Zeiten der Teeverarbeitung. „Wir sind eines der beliebtesten Hotels in Sri Lanka und besonders populär für Hochzeitsreisen“, berichtet der stellvertretende Hotelleiter stolz.

Prügel für den Vermittler

Nuwara Eliya, kurz Nurelia genannt, ist einer der wichtigsten Ausflugsorte in Sri Lanka, auch wenn die Stadt zum Teil nicht asiatisch, sondern eher englisch wirkt – und das nicht nur wegen des häufigen Nieselregens. Im vornehmen „Hill Club“ trafen sich einst die englischen Kolonialherren nach der Elefantenjagd zum Tee. Die Einheimischen waren allenfalls als Dienstpersonal geduldet. „Mein Vater hat hier in der Kolonialzeit gearbeitet. Einmal hat er versucht, bei einem Streit zwischen zwei Engländern zu schlichten – dafür wurde er verprügelt“, berichtet Siripala, der heute selbst Butler in dem nach Bohnerwachs riechenden Clubhotel ist.

Wenn Shelton mit seinen Gästen unterwegs ist, führt er sie aber nicht nur zu den Felsentempeln nach Dambulla und in den Hill Club nach Nurelia, zum Zahntempel in Kandy und auf den Löwenfelsen in Sigirya. Auf Wunsch besteigt er mit sportlichen Gästen auch den legendären Adams Peak. Der 2243 Meter hohe Berg, der von Wallfahrern in der Zeit von Dezember bis Mai vor allem nachts bestiegen wird, ist den Buddhisten ebenfalls heilig. Zwar findet sich hier kein Backenzahn Buddhas, so wie in Kandy, dafür jedoch ein überdimensionaler Fußabdruck. Den hat Buddha angeblich bei seinem dritten und letzten Besuch in Sri Lanka hinterlassen.

Sri Lanka/Ceylon – Infos

Einreise: Visumpflicht seit 1. 1. 2012 (10 US-Dollar), der Reisepass muss noch sechs Monate gültig sein.
Anreise: u. a. mit Qatar Airways von Wien über Doha nach Colombo ab 620 Euro, www.qatarairways.com Condor fliegt über Frankfurt nach Colombo. www.condor.com
Siehe auch Flüge der Woche, Seite R 4

Auskunft: Embassy of Sri Lanka, Weyringergasse 33–35, 1040 Wien, 01/503 79 88, www.srilankaembassy.at; www.srilanka.travel

Reisezeit: Sri Lanka ist ein Ganzjahresziel, das Klima variiert von Region zu Region.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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