Kleine Geschichten über große Locations
Der wichtigste Mann im Bauch der MS Eurodam, mit ihren 2.200 Passagieren und 700 Crewmitgliedern, ist der Bulgare Damyan Damyanov. Der Herrscher der Kombüse arbeitet seit 14 Jahren bei der Holland-America Line. Unser Rundgang beginnt zwischen Champagner, Wodka und Soda: „Mein Lieblingsraum! Allein die Crew trinkt 600 Liter Wasser pro Tag.“
Nebenan lagert das kühle Gemüse – 12 Mitarbeiter und eine Menge Trubel. Provision Manager Damyan zeigt auf die Kumquats, gefürchtet wegen ihres Säuregehalts, Crewneulinge müssen eine essen. „Hier lagert auch das Chili für die Crew. Die Kollegen stellen etwas Scharfes namens Sambal her . . . sie können nicht überleben ohne Schärfe.“ Er zeigt auf einen lachenden Indonesier vor einem Berg von Äpfel, Melonen, Ananas: „Ich nenne ihn den Destroyer. Er zerstört mein Obst!“ Damyan stolpert über eine Kiste und lacht jetzt selbst: „Die Asiaten stellen die immer so nahe zusammen. Die denken nicht an das leichte Übergewicht des Chefs!“
Ein Blick in die Gefrierräume, Minus 20 Grad – kein Spaß für Indonesier und Philippinos. „Ich weiß nicht, wie sehr du in der Fleischindustrie bewandert bist, wir schneiden das Fleisch ziemlich anders als in Europa – nach den US public health rules.“ Man könne das Gefriergut „nicht wie daheim zum Auftauen in Wasser legen. Ein Metzger startet drei Tage vor dem Konsum einen Entfrierungsprozess: „Da müssen wir den Verbrauch genau vorhersehen.“
Damyan ist in Absprache mit den Köchen und einem Culinary Operation Manager für die Bestellmengen verantwortlich, kalkuliert wird schon Wochen vorher. „Ein heikler Job. Da dürfen nicht plötzlich auf offenem Meer die Bananen ausgehen. Die Bestellung hängt sehr von den Nationalitäten ab. Viele Briten bedeutet viel Tee, Amerikaner wollen Ham and Eggs und die Holländer Schokostreusel.“ Mit den Ferien kommt die Kinderinvasion. „Das heißt, doppelte Menge Eiscreme, massenhaft Pommes frites, Pizza und Chicken Nuggets!“ Insgesamt regiert Damyan über mehr als 2.000 Nahrungsmittel, davon Dutzende glutenfreie, und mehr Milchprodukte als in einem Supermarkt. „Den Passagieren fällt auf einer solchen Reise viel ein. Frag‘ mich bitte nicht, wieso Eltern ohne Babynahrung an Bord kommen.“ Manche Leute würden einfach davon ausgehen, dass dies und das vorhanden ist, andere beschweren sich einfach gerne. „Du kannst nicht jeden glücklich machen – aber du kannst es versuchen.“
Ort
Kreuzfahrt. Der Autor war eingeladen von der Holland-America Line auf der MS Eurodam (86.000 BRZ, 2008 getauft); Damyan Damyanov stammt aus Bulgarien.
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