Amanshausers Welt: 433 Italien

Skilehrerrücken. Dominik hat hinten keine Augen, oder?
Skilehrerrücken. Dominik hat hinten keine Augen, oder?(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Mein altes Problem, das Carven. Hab’ es nie gelernt, fahre unverdrossen den Ingemar-Stenmark-Schwung. Zudem arbeitet die Taillierung der Ski gegen mich. Heute möchte ich von Skilehrer Dominik das Carven lernen. Nicht einfach wie diese Breitspurdeppen, die überall herumschlittern. Ich will die Technik beherrschen. Dominik, aus einer der Vorstädte Sterzings, spricht den Lokaldialekt. Da er in Graz studiert, rutscht ihm manchmal der falsche Laut heraus: „Oje, jetzt sprech’ ich ja schon Hochdeutsch“, sagt er dann und korrigiert sich sorgsam, indem er den Satz in der Mundart wiederholt. „Ich zieh’ meine Linie durch“, nennt er das. Man glaubt es ihm.
Die Übungen: Faust zwischen die Knie, weil meine Skiführung zu schmal ist. Hände mit den Stöcken heben, bis ein Fenster entsteht. Den Oberkörper widernatürlich schwingen, Knie beugen, Schwung aufnehmen. Als Dominik möchte, dass ich den Schneepflug mache, rebelliere ich. Will er meine Technik völlig dekonstruieren? Dominik merkt meine Verstimmung. Den Schneepflug verlangt er kein zweites Mal.

An den Liftstationen trifft Dominik andere Skilehrer. Sie sprechen Italienisch, am Ende ci vediamo. Das Italienisch von Dominik ist extrem lässig, die Südtiroler Version. Da zieht er auch seine Linie durch.
Manchmal verfalle ich zurück in den Stenmark. Und ich mach’ den Stenmark ein paar Mal absichtlich, wenn ich hinter Dominik herfahre, er hat die Augen ja vorn. Er merkt es natürlich, ist vornehm genug, nicht zu schimpfen. Möchte dann aber, dass ich vorfahre. Super. Jetzt also Schaucarven. Ich sage mir auf der etwas verbissenen Fahrt das neu Erlernte halblaut vor. Dominik ist ganz zufrieden. Oder lobt er mich, weil er mich nicht demotivieren will? Hat er mich in Wahrheit längst aufgegeben? Ich fahre mittlerweile wie eine Pistensau, das tun aber die meisten Carver.

Wir kehren in die Furlhütte ein. Gasthaus Albergo Furl. 1.860 Meter. Die Chefin Lydia, die total frisch aussieht, empfiehlt die selbst gemachte Wurst mit Sauerkraut. Schmeckt auch frisch. Gemeinsam mit einer Speckknödelsuppe macht die Mahlzeit meinen Bauch so rund, dass ich danach kaum mehr die Schnallen der Skischuhe erreiche. Dominik betrachtet meine Bemühungen belustigt. Oder verzweifelt? Ich bin froh, dass er mir nicht hilft. Bei den nächsten Abfahrten carve ich sogar ein bisschen. Einen Schwung lang ziehe ich meine Linie durch. Sagt zumindest Dominik. 

Ort

Carving. Der Autor war eingeladen vom Freizeitberg Rosskopf und dem Tourismusverein Sterzing; Rosskopf (Monte Cavallo), Furlhütte, Tschöfs 31/A Ceves, I-39049 Sterzing/Vipiteno, Italien.

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