Was kann ein Fünfsternehotel über die Krise eines Landes erzählen?

Zugegeben, die Bauwerke sehen imposant aus.

Das ist auch der Zweck eines Wolkenkratzers, neben der raumökonomischen Flucht in die Höhe: seinen Betrachtern die Herrlichkeit des Kapitals, das ihn in den Himmel hat schießen lassen, vor Augen zu führen. Beim modernen Turmbau spielt Europa folgerichtig längst nicht mehr mit, man vergleicht heute in Asien und in den Golfstaaten, wer den längsten hat – aktuell Dubai mit dem Burj Khalifa: 830Meter!

Aber auch die vier Türme der Cuatro Torres Business Area in einem Madrider Außenbezirk machen einiges her. Solange man jedenfalls den Kopf in die Höhe reckt. Auf dem Boden, wo sich auch Spaniens Wirtschaft befindet, ist es weniger erhebend. Für den Bereich haben die Architekten der Prachtbauten meist wenig übrig: ein paar hingekritzelte, in viel Beton gesteckte Zierbäumchen. Der Torre PwC, der so heißt, weil zuletzt ein großes Consultingunternehmen eingezogen ist (als die Mieten schon auf dem Boden waren), beherbergt auch ein Luxushotel mit fünf Sternen. Gefühlt sind es weniger. An der Rezeption gibt man sich muffig. Den Arbeitern ist offenbar schon im 22.Stockwerk die Lust ausgegangen, sauber zu arbeiten. Nicht einmal der Blick über die Stadt verschafft Hochgefühle: Die Fensterscheiben sind dreckig.

Spanien büßt für seine rasenden Jahre, als Geld unbegrenzt verfügbar schien. Dem Consulter, dessen Logo zehn Meter hoch auf dem Turm prangt, geht es immer gut. Es ist nicht sein Geld, das hier steckt. Im Schatten der Türme steht ein Universitätskrankenhaus, fünf Stockwerke hoch. Es sieht schäbig aus.

timo.voelker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2014)

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