Reif für die Insel

Santa Maria
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... sang einst Peter Cornelius. Wir finden vielmehr: So ein Inselurlaub ist ganz schön unreif.

Eine der kleinsten Azoreninseln ist Santa Maria. Hotels gibt es dort fast keine, aber man kann Bauernhäuser anmieten. Das Problem: Alle Touristen wollen Meerblick, aber den gibt es nicht. Die Bauern bauten ihre Häuschen in Senken, wo man viel Grünzeug sieht, aber kein Wasser. Sie wollten nicht daran erinnert werden, dass sie tausende Kilometer vom Festland auf allzu engem Raum festsitzen.

Eine grausame Strafe des Schicksals – oder auch der Obrigkeit. Wie auf Ponza: Schon römische Kaiser verbannten Unbotmäßige auf den schroffen Felsblock im Tyrrhenischen Meer. Noch die Faschisten kerkerten dort ihre Feinde ein. Heute tanzen auf dem Inselchen die Schnuckis aus Rom und Neapel die Sommernächte durch. Großstadtmenschen eben, von der Moderne deformiert.

Echte Insulaner können heute ihre Isolation besser verkraften, weil sie Unsummen an uns verdienen. Die paar Hütten, der Hügel, der Strand voller Seegras und Nikos Taverne mit dem sauren Inselwein: Dieses erbärmliche Angebot ist uns ein exklusives Refugium. Warum? Da uns dort unser schrecklich komplexes Leben so wunderbar simpel erscheint. Zehen in den Sand, Kopf in den Sand, ein Kinderspielplatz für Erwachsene. Man kann es aber auch übertreiben: In Kroatien bieten sie jetzt „Inseln“ zur Ferienmiete an, die nur aus einem Leuchtturm und ein paar Quadratmetern Geröll bestehen. Kostet ein Vermögen.

Die Idee ist ausbaufähig. Wir tippen auf die Strafvollzugsanstalt als Dernier Cri auf dem Reisemarkt. Die Einzelzelle – bei Leerstand bald auch als Präsidentensuite buchbar!

Mail: karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2014)

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