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Essensboten

Essensboten
Essensbotenimago/Christian Mang
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Immer mehr Essensboten prägen Brüssels Straßenbild. Sie verkörpern Reiz und Elend der neu-alten Servicewelt.

Eine der ersten Sachen, die mir nach meiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten nach Brüssel aufgefallen ist, sind die allgegenwärtigen radelnden Essensboten. Unter quadratischen Rucksäcken gebückt hetzen sie durch die Hügel und Täler der Stadt, stets mit einem Auge ihr Handy taxierend, auf dem die Uhr für die Lieferung läuft. Drei Unternehmen konkurrieren seit knapp zwei Jahren um diesen Markt: Deliveroo, Uber Eats und Take Eat Easy. Als Kunde bekommt man die Garantie, von der telefonischen Bestellung in einem der Restaurants, die sich dieser Boten bedienen, bis zur Anlieferung nur gut eine halbe Stunde warten zu müssen.

Die Fahrer sind nicht angestellt und eher am unteren Ende der Arbeitsmarkts beheimatet. „Ich bin lieber Radler bei Deliveroo, als Burger in einer Fastfoodkette zu braten“, bekundete einer gegenüber dem Lifestyle-Blog Hotpopote. Die meisten der dort befragten Essensboten erklärten indes, davon nicht leben zu können. Warum tun sie es dann? Und wozu braucht man in Brüssel, wo man fast an jedem Eck exzellent essen kann, jemanden, der einem die Mahlzeiten aus dem Lokal nach Hause bringt?

Die Boten werden durch die sportive Inszenierung ihres Domestiken-Loses animiert; monatlich wird zum Beispiel ein gelbes Trikot vergeben. Mag sein, dass so eine Nachfrage befriedigt wird, die mir entgangen ist. Aber wenn ich die Boten vor Restaurants auf Aufträge warten sehe, muss ich an Bilder erschöpfter Dienstboten in Vorkriegsbahnhöfen denken. Ob das ein Fortschritt ist, mag ich nicht beurteilen müssen.

oliver.grimm@diepresse.com


Nächste Woche:
Timo Völker

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2017)

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