Störfälle im Mietverhältnis

In Deutschland wurde vor Kurzem einem Mieter wegen exzessiven Rauchens die Wohnung gekündigt. Auch in Österreich ist vieles eine Ermessensfrage.

Das Zusammenleben in einer Mietwohnanlage birgt zahlreiche Konfliktpunkte. Rauchen, Grillen, die Anbringung von Außenjalousien oder Blumenkästen – manches stört die Nachbarn, manches den Vermieter. Konkrete gesetzliche Regelungen dazu gibt es kaum. Wird im Gespräch keine gütliche Lösung gefunden, unterliegen Entscheidungen dem Wertungsspielraum des Gerichts.

Rauchen als Kündigungsgrund?

Ein Gerichtsfall in Düsseldorf sorgte kürzlich für Aufsehen. Ein Mann, der 40 Jahre lang in seiner Wohnung gelebt hatte, wurde von seiner Vermieterin fristlos gekündigt. Grund: Er rauchte zu viel. Ein Richter des Amtsgerichts Düsseldorf stufte die Kündigung des 74-jährigen Mannes angesichts „der veränderten Beurteilung der Gefahren des Passivrauchens“ als gerechtfertigt ein. Die schutzwürdigen Interessen Dritter seien höher zu bewerten als die Gewohnheitsrechte des rauchenden Mieters. Wäre so etwas auch in Österreich möglich? „Theoretisch könnte durchaus ein Kündigungstatbestand des Mietrechtsgesetzes in Betracht kommen“, meint Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband Österreich. Die Bestimmung sehe vor, dass ein Mietverhältnis vom Vermieter gekündigt werden kann, wenn der Mieter den anderen Bewohnern des Hauses ihre Mietrechte verleidet oder vom Mietobjekt einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht. Die Praxis sehe aber anders aus: „Beim Rauchen in der Wohnung ist eigentlich beides kaum denkbar, weswegen bislang auch keine OGH-Entscheidung in diesem Sinne gefällt wurde“, so Kirnbauer. Aus heutiger Sicht sei demnach Zigarettenrauchen in der Wohnung noch als ortsübliches Verhalten zu bewerten, Mieter hätten somit eher nicht mit negativen Konsequenzen zu rechnen.

Grillen auf Balkon, im Garten

Auch hier könnte zumindest theoretisch der Kündigungsgrund des „unleidlichen Verhaltens“ verwirklicht sein, wenn andere Bewohner durch die Rauch- und Geruchsentwicklung stark beeinträchtigt werden. „Überschreiten im Einzelfall die durch das Grillen verursachten Emissionen (Rauch, Geruch) das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß, und wird der Nachbar in der ortsüblichen Benutzung seiner Wohnung wesentlich beeinträchtigt, so kann er sich laut Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) mit Unterlassungsansprüchen zu Wehr setzen“, erklärt dazu Christoph Kothbauer, leitender Jurist der Online-Hausverwaltung. Grillen im Garten sei dabei sicher weniger problematisch als Grillen auf dem Balkon, aber auch dort wird man sich um Rücksicht auf den Nachbarn bemühen müssen. „Zu beachten ist allerdings, dass der Hof und der Garten im städtischen Bereich in der Regel allgemeine Teile des Hauses darstellen, über die der Vermieter verfügungsberechtigt ist“, fügt Kirnbauer an. Untersagt der Vermieter das Grillen, müsse dem entsprochen werden.

Jalousien und Blumenkästen

Wer Außenjalousien oder Blumenkästen am Fenster anbringen möchte, braucht dafür die Zustimmung des Hauseigentümers oder der Hausverwaltung. „Das Anbringen von Außenjalousien stellt eine bauliche Veränderung dar, die dem Vermieter vor der Maßnahme anzuzeigen ist. Beeinsprucht der Vermieter diese Maßnahme, kann der Mieter – in größeren Städten bei der Schlichtungsstelle, ansonsten beim Bezirksgericht – einen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Vermieters stellen“, so Kirnbauer. Geprüft wird in der Folge, ob die Veränderungen einem wichtigen Interesse des Mieters dienen und ob wesentliche Interessen des Vermieters verletzt werden, zum Beispiel durch Substanzverschlechterungen oder Beeinträchtigungen des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses. Im Falle eines Schadenseintritts – etwa durch einen herabstürzenden Blumenkasten – trifft laut Kothbauer die Verantwortung für Schäden gemäß der ABGB-Wohnungsinhaberhaftung den Mieter: „Eine mögliche Verantwortung auch des Liegenschaftseigentümers wird dadurch aber nicht generell ausgeschlossen.“

Allgemeine Gesetzesgrundlagen

Der Kündigungsschutz des Mieters wird für einen Großteil der Mietverhältnisse im Mietrechtsgesetz geregelt. Daneben kommen aber auch noch Bestimmungen des ABGB in Betracht, vor allem für Besitzstörungsklagen durch Nachbarn – so könnte etwa eindringender Rauch auch als Besitzstörung gewertet werden – oder Unterlassungsklagen. „Zu beachten ist jedoch, dass kaum etwas konkret durch ein Gesetz geregelt wird, sondern einem Wertungsspielraum der Gerichte unterliegt“, erläutert Kirnbauer. Aus diesem Grund seien letztlich alle Streitigkeiten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. „Es ist daher empfehlenswert, Fragen im Gespräch mit dem Vermieter oder den Nachbarn gütlich zu lösen“, empfiehlt Kothbauer.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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