Stahlrohr: Verbogene Werte

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Stahlrohr beugt sich seit Bauhaus-Zeiten dem Designerwillen. Jetzt auch dem Thomas Feichtners. Für eine Installation folgt er seiner eigenen Linie.

Linientreue, das ist auch so ein Merkmal, das sich durch die Designgeschichte zieht wie eine unverbogene Gerade. Manche Hersteller  und Designer haben Prinzipien, die schwerer zu biegen sind als selbst Stahl. Die Generation Bauhaus folgte in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch dem roten Faden ihrer Doktrin. Und das führte? Ja, zu Möbelinnovationen, die seitdem so spektaktulär kaum mehr stattfanden. Vor allem der Freischwinger schwang sich auf zur Sensation. Mithilfe von gebogenen, nahtlosen Stahlrohren. So entstanden Möbel, die so frei federnd und elegant Einrichtungsstile neu definierten.  „Meilenstein“ sagt die Designgeschichte dazu. Mart Stam baute den ersten, der sich beim Hersteller Thonet unter der Bezeichnung S33 einreihte. Im Jahr 1926 war das.    Andere Modelle und Designer folgten: Marcel Breuer, Mies van der Rohe etwa. Manche Stahlrohrklassiker wie den S43 liefert Thonet heute noch immer, auch dorthin, wo die Originale schon seit den 30er-Jahren stehen, wie etwa in der Leipziger Nationalbibliothek.

Steel Tube Bending.
Nein, kein Social-Media-Internet-Phänomen à la Planking. Sondern Methode, Sitzobjekte zu formen. Seriell und industriell vor allem. Doch der österreichische Designer Thomas Feichtner versucht’s jetzt auch experimentell. Gemeinsam mit Thonet und BLM, einem Hersteller für Biegemaschinen, reizt Feichtner für eine Installation die Biegetechnik aus: Auf der Messe Wohndesign Pure Vienna verformen sich 3,5 Meter Stahlrohr zu Sitzobjekten, neuen Interpretationen der klassischen Freischwinger. 15 Sekunden braucht die Maschine dazu. Und ein paar Koordinaten, die der Designer bestimmt. Eine faszinierende Transformation, wie auch Thomas Feichtner findet: „An Anfang steht die Eindimensionalität einer Linie.“ Am Ende ein dreidimensionales Objekt. Und das Ganze „ohne handwerkliches Zutun, nur durch Eingabe von X-, Y- und Z-Koordinaten“, erzählt Feichtner. Eine Art „Rapid Prototyping in Stahl“, wie er meint.

Die Technologie ist hauptsächlich in der Serienproduktion im Einsatz. In den Produktionshallen der Hersteller stehen die tonnenschweren CNC-Biegemaschinen. An einem langen Wochende (bis 17. November) steht ein Exemplar jetzt auch in der Wiener Hofburg. Feichtner bricht das Mantra des Industrial Designers, die Reproduzierbarkeit, reißt das Biegen des Stahlrohrs aus dem Kontext der seriellen Wiederholung, programmiert die Maschine für die Massen auf Maßscheiderei und Individualisierung. Eine limitierte, nummerierte Kleinauflage entsteht. Vor den Augen der Besucher. 

Tipp

Designwochenende. Bei der „Wohndesign Pure Vienna“ von 14. bis 17. November in der Wiener Hofburg. Hersteller wie Walter Knoll, Fritz Hansen, Laufen, Poltrona Frau oder Dornbracht sind vertreten. Bei der „Design 2013“ im Wiener MAK präsentieren vom 15. bis zum 17. November, zeitgleich mit der Viennatime, ausgewählte Aussteller ihre Designprodukte.

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