Ihren Ausweis, bitte!

Die Presse (Clemens Fabry)
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Ausblick. Energieausweis, Betriebskosten: neue Bestimmungen und ungeklärte Fragen.

Keine zwei Jahre ist es her, da versetzte die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Liberalisierung der Postzustellung Hauseigentümer wie Mieter in Aufruhr. Die Umrüstung der Brieffachanlagen wurde schließlich vom Verfassungsgerichtshof gestoppt. Bis heute ist keine Lösung in Sicht, Experten erwarten auch keine rasche Entscheidung. 2008 droht mit dem Energieausweis, mit dem die EU die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verbessern will, zwar kein ähnlicher Flop, doch sind einige Fragen offen. Seit 1. Jänner muss dem Käufer oder Mieter/Pächter bei Verkauf oder Vermietung von Neuobjekten ein Energieausweis vorgelegt werden. 2009 sind dann auch alle Altobjekte an der Reihe.

Zuspruch trotz offener Fragen

Die Bevölkerung scheint dem Projekt im Vergleich zu den Postkästen positiv gegenüberzustehen. Laut einer Umfrage der Plattform Immobilien.net befürworten zwei Drittel der Konsumenten den Energieausweis, lediglich acht Prozent lehnen ihn gänzlich ab. Auch beim Österreichischen Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) wird die Einführung des Ausweises – der zehn Jahre gültig sein soll – grundsätzlich positiv gesehen. „Es ist gut, dass bei den Eigentümern das Bewusstsein geschaffen wird, das Haus energieeffizient umzurüsten“, meint etwa Geschäftsführer Anton Holzapfel.

Dennoch zeigt er Verständnis für die mancherorts geäußerte Skepsis: „Der Aufwand ist unverhältnismäßig groß. Bei jedem Auto wäre der Hebel wesentlich einfacher anzusetzen, aber da steht eben eine andere Lobby dahinter.“ Außerdem hätten einige falsche Illusionen. „Zum einen hält man mit dem Energieausweis nichts Einklagbares in der Hand, und zum anderen hängt die Energie-Effizienz auch wesentlich vom Verbrauchsverhalten ab.“

Abgesehen davon ist unklar, wer überhaupt einen Ausweis ausstellen darf. Auch die Frage der Kosten ist unbeantwortet. Es gibt lediglich einen Gesetzesentwurf, der vorsieht, dass Vermieter die Kosten aus der Hauptmietzins-Reserve bestreiten können. Brisanter ist die Situation im Wohnungseigentum. Laut Entwurf hat der Verwalter den Ausweis auf Kosten der Eigentümergemeinschaft zu beschaffen, wenn diese nicht einstimmig etwas anderes beschließt. Gretchenfrage dabei: Was passiert, wenn nur ein Eigentümer seine Wohnung verkauft? Muss dann auf Kosten aller ein Auftrag erteilt werden? Strafen gibt es übrigens keine, sollte kein Ausweis vorhanden sein.

Die Verwalter werden sich angesichts der offenen Fragen hüten, schon jetzt Aufträge zu erteilen. Die Kosten-Erwartungen reichen von 300 bis 500 Euro bei Ein- und Mehrfamilienhäusern. Bei größeren Häusern liegt der Richtwert bei ein Euro je Quadratmeter Nutzfläche. ÖVI-Präsident Udo Weinberger glaubt, dass die Kosten im Wesentlichen davon abhängen werden, wie detailliert der Energieausweis ausfällt. Das billige „deutsche Modell“, bei dem der Ausweis lediglich auf Grundlage des Energieverbrauchs der letzten drei Jahre erstellt wird, hält er für wenig sinnvoll.

Neue Norm für BK-Abrechnung

Weniger Aufregung wird es 2008 wohl um die neue ÖNORM A 4000 geben, die Empfehlungen zur jährlichen Betriebskostenabrechnung enthält. Weinberger sieht in ihrer Umsetzung ein wichtiges Qualitätszeichen für die Seriosität der Abrechnung und letztlich der Verwaltung. Brisanter Punkt: Künftig werden jene Wohnungseigentümer namentlich angeführt, die mit Wohnbeitrags-Zahlungen zum 31. 12. im Rückstand sind.

INFOS & LINKS. Energieausweis

Seit 1. Jänner muss dem Käufer oder Mieter bei Verkauf oder Vermietung von Neuobjekten ein Energieausweis vorgelegt werden. Durch die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie soll vor allem das Bewusstsein für Energieverbrauch gefördert werden. Mit Hilfe des Ausweises können Immobilien nunmehr hinsichtlich ihrer Energieeffizienz leichter bewertet werden. Noch ist unklar, wer einen Ausweis ausstellen darf. Angebote gibt es etwa vom TÜV (www.tuev.at) oder unter www.energieausweis.at. Allgemeine Informationen unter www.energyagency.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2008)

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