Osteuropa: Ende der Goldgräberstimmung

AP (Sang Tan)
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CEE & SEE. Preisrückgänge nur in einzelnen Segmenten.

Jahrelang herrschte in Osteuropa Goldgräberstimmung unter den Immobilieninvestoren. Wer dort Liegenschaften erwarb, konnte sie mit hoher Sicherheit nach ein paar Jahren mit Wertsteigerung verkaufen. „Yield Compression“ – Rendite drücken – hieß das Spiel: Man kaufte ein Bürohaus so billig ein, dass man neun Prozent Jahresrendite verdienen konnte, wartete, bis die Nachfrage hoch genug war, und verkaufte es an einen anderen Investor zu sechs Prozent Rendite – also teurer. Zuerst spielte man dieses Spiel in Ungarn, Tschechien, Polen und der Slowakei, dann in Rumänien und Bulgarien und zuletzt in Russland, der Ukraine und in Serbien.

Weniger potenzielle Käufer

Im abgelaufenen Jahr hat die gute Stimmung einen Dämpfer erhalten. In Folge der US-Hypothekenkrise wurden die Banken weltweit restriktiver bei der Finanzierung von Immobilienprojekten. Investoren, die mit hohem Fremdkapitalanteil eingekauft hatten, erhielten keine Kredite mehr, verschwanden vom Markt. Die Zahl potenzieller Käufer ging zurück. „Das ist nicht ungesund“, sagt CA-Immo-Vorstand Bruno Ettenauer. Osteuropäische und österreichische Investoren seien jetzt wieder unter sich. „Internationale Konkurrenten aus Australien oder Irland, die kein nachhaltiges Interesse an diesen Märkten hatten, sind verschwunden“, so Ettenauer. Und die Märkte seien nach wie vor vielversprechend: Tschechien, Ungarn, die Slowakei und Polen sind „stabile Märkte“ geworden wie etwa Deutschland und Österreich. Nur dass das Wirtschaftswachstum in Osteuropa zumeist höher und der Nachholbedarf bei Immobilien stärker ist.

Doch kann man beim Verkauf von osteuropäischen Immobilien noch einen guten Preis erzielen, wenn es weniger Investoren gibt, die sich dafür interessieren? Die Manager österreichischer Immobiliengesellschaften werden nicht müde zu betonen, dass primär Wohnhäuser in US-Vororten oder spanische Ferienhäuser von der Immobilienkrise betroffen seien. Nicht aber gewerbliche Objekte in Österreich, Deutschland und Osteuropa, wo sie selbst vorwiegend aktiv sind. Es mehren sich aber die Stimmen von Kritikern, die behaupten, dass sich der Markt in Osteuropa zumindest in Teilbereichen dreht. Eine EBRD-Studie sah ein Ende der Hausse bei Wohnimmobilien; auch im Gewerbesegment ortete PricewaterhouseCoopers-Experte Glen Lonie bei Ost-Immobilien „erstmals so etwas wie Zyklen“, nachdem es jahrelang nur bergauf gegangen war („Die Presse“ berichtete).

Dramatisch sind die Preisrückgänge freilich noch nicht. Sie betreffen vor allem Bürohäuser schlechter Qualität, die vor ein paar Monaten überteuert eingekauft wurden. Oder Grundstücke in Rumänien oder Bulgarien, deren Preise zuletzt überhitzt waren. Die Österreicher beteuern, derlei Immobilien nicht zu so hohen Preisen gekauft zu haben. Allerdings bewerten sie ihre Immobilien nach den internationalen Bilanzierungsregeln IFRS: Dabei wird der geschätzte Wertzuwachs bereits verbucht, bevor die Immobilie überhaupt verkauft wurde. Das bedeutet: Selbst wenn jemand günstig eingekauft hat, könnte er von einem zu starken Wertzuwachs ausgegangen sein – und im schlimmsten Fall wieder abwerten müssen. Das hätte bei börsennotierten Gesellschaften fatale Folgen für den Aktienkurs.

Bei Immoeast, CA Immo International und Sparkassen Immo bekräftigt man, dass man vorsichtig genug bewertet habe, sodass hier noch Spielraum vorhanden sei. Immoeast-Chef Karl Petrikovics verweist zudem darauf, dass auch noch die Mieten steigen. „Das hat denselben Effekt wie eine Yield Compression.“ Die Preise würden also auch dann nicht fallen, wenn die Renditen wegen des schwindenden Investoren-Interesses leicht steigen. „Falls sie das überhaupt tun. Denn dass die Renditen fallen, glaube ich für A-Qualität nicht“, fügt Petrikovics hinzu. Anders sehe es für zweitklassige Immobilien aus, etwa schlecht ausgestattete Büros. Diese verlören tatsächlich an Wert.

Preise steigen langsamer

Auch Sparkassen-Immobilien-Vorstand Ernst Vejdovszky glaubt nicht an einen generellen Preisrückgang in Osteuropa. Die Immokrise würde den Preisauftrieb lediglich etwas dämpfen. So werde die Rendite in Rumänien und Bulgarien möglicherweise noch nicht in einem Jahr von sieben auf sechs Prozent fallen, sondern erst in zwei bis drei Jahren. Die Preise würden aber steigen, weil die Fundamentaldaten gut seien und die Wirtschaft wachse. Lediglich bei den Grundstücken sei ein Rückgang zu beobachten. Vejdovszky sieht das als Vorteil: Jetzt könne man dort endlich wieder zu vernünftigen Preisen einkaufen.

AUF EINEN BLICK.

Wegen der Immokrise sinkt die Zahl der Investoren, die sich osteuropäische Immobilien leisten können, der Preisanstieg wird gedämpft. Zu Rückgängen kommt es aber nur in einzelnen Segmenten (etwa bei schlecht ausgestatteten Büros, Grundstücken in Rumänien und Bulgarien). Österreichische Investoren halten die Krise für „gesund“, weil es jetzt nicht mehr so leicht zu einer Überhitzung kommen könne. Die Preise dürften langsamer steigen. Steigen werden sie aber: Die Wirtschaft wächst meist stark, die Nachfrage nach Büros und Einkaufszentren ebenso.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2008)

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