Dachgeschosswohnungen: Nestbau im Juchhe

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Wer in Wien, Linz oder Graz ganz oben wohnen will, muss schnell sein – und zahlungskräftig. Die Salzburger suchen ihre Freiräume gleich anderswo.

Sie ist der Traum vieler: eine Wohnung in einem ausgebauten Dachboden, am besten mit Terrassen oder einem Dachgarten. Wer in Wien lebt, hat sogar gute Chancen, diesen Traum realisieren zu können. Hier werden Dachböden ausgebaut, was das Zeug hält. So sind zwischen Ring und Gürtel Schätzungen zufolge bereits 50 Prozent der Dachböden ausgebaut, in der Innenstadt sind es an die 80 Prozent. Und der Boom hält an – dank entsprechender Nachfrage.

„Angebot in Graz gleich null“

Gute Nerven und viel Geduld braucht allerdings, wer in Graz sein Nest unterm Dach einrichten will. Gerald Gollenz, Chef der Projektmanagement- und Bauträgerfirma Acoton, sieht zwar die Nachfrage – aber kein Angebot. „Das ist gleich null“, bedauert der steirische Fachverbandsobmann. „Rohdachböden kommen fast keine auf den Markt“, weiß auch Robert Vollmaier von Schauersberg Immobilien. Und auch fertig ausgebaute Dachböden seien nicht gerade üppig gesät. „Dabei sind in den 90er-Jahren viele Dächer ausgebaut worden – teilweise sogar mit Förderung“, erinnern sich Gollenz und Kleinhapl. Dementsprechend groß ist das Griss, wenn doch einmal ein Dachboden – gleichgültig, ob ausgebaut oder nicht – zu haben ist. Passen Lage und Ausstattung, steigen die Preise dann auch schon einmal auf mehr als 3000 Euro pro Quadratmeter.

Weltkulturerbe erschwert Ausbau

Prinzipiell gebe es zwar tolle Dachböden in der Stadt, die auch Potenzial zum Ausbau hätten, so Gollenz. Ihr Problem: Sie liegen in der Altstadtzone. „Damit sind sie meist nur äußerst schwierig auszubauen“, Herwig Kleinhapl, Geschäftsführer des Architekturbüros L.o.v.e architects. Erhebliche Auflagen würden beispielsweise Öffnungen in den Dachflächen der Weltkulturerbe-Stadt massiv erschweren oder unmöglich machen. Gleiches gilt auch für Terrassen – ohne die eine Dachbodenwohnung aber wertlos ist.

Die wertvollste Fläche

Auch in Linz ist eine Wohnung unterm Dach nicht leicht zu finden. „Die Nachfrage ist sehr groß, aber es gibt fast keine Dachböden auf dem Markt“, stöhnt Michael Schlager von Haus & Grund. Meist werden die Dachböden in der Stahlstadt von den Hauseigentümern für den Eigenbedarf ausgebaut – „schließlich sind sie die wertvollste Fläche des Hauses“, sagt Schlager. „Ich kann mich gar nicht mehr an den letzten Dachboden erinnern. Dabei wären sie so interessant“, bedauert Kurt Gattringer von Remax Linz-City Immobilientreuhand.

Wer doch fündig wird, muss relativ tief in die Tasche greifen: Etwa 2000 Euro pro Quadratmeter kann der Preis für einen Rohdachboden betragen. In der Praxis ist der Preis aber ohnehin Nebensache. „Wenn ein Dachboden auf den Markt kommt, ist er gleich weg. Egal, zu welchem Preis“, erzählt Schlager.

Hat man doch die Chance, einen Dachboden auszubauen, ist das in Linz – anders als in Graz – in der Regel nicht ganz so problematisch. Erlaubt ist mehr oder weniger, was gefällt – vorausgesetzt, es entspricht der Bauordnung und gegebenenfalls auch dem Denkmalschutz sowie dem Beirat für Stadtgestaltung. Seit Jänner dieses Jahres ist nämlich die starre Regelung bei Dachgeschoßaufbauten in Linz aufgehoben. Die bis dahin gültige Orientierung an einer Maximal-Dachneigung von 45 Grad, die jedoch für die Dachlandschaft in der Linzer Innenstadt untypisch war, gilt nicht mehr. Mittlerweile gibt es eine flexiblere Regelung, die die spezifischen Gegebenheiten des Umfelds berücksichtigt.

Ausweichen ins Umland

Wenig Angebot, aber auch kaum Nachfrage kennzeichnen die Situation in Salzburg. „Der Markt ist sehr bescheiden“, sagt Albin Hölzl von Hölzl und Hubner Immobilien. Christian Schnellinger vom gleichnamigen Immobilienbüro bezeichnet den Markt ebenfalls als „kaum messbar“. Er habe in den letzten 18 Jahren keinen einzigen Dachboden im Angebot gehabt – und auch Anfragen gebe es nur gelegentlich. Wird doch einmal ein Dachboden bewohnbar gemacht, sei dies in der Regel für den Eigentümer, erzählt Hölzl. „Das ist ein Wiener Thema“, meint Schnellinger. Dies begründet er zum einen mit der oft komplizierten Eigentumsstruktur: „Bei uns sind die Dachböden oft Allgemeinfläche. Gibt es viele Eigentümer, ist es manchmal sehr schwierig, eine Einigung über den Ausbau zu erzielen“, so Schnellinger. In Wien, wo viele Zinshäuser in einer Hand wären, sei dies hingegen kein Thema.

Dazu komme, dass Dachböden in Wien oft die einzige Möglichkeit für Eigentümer wären, einen Ertrag zu erzielen. „Bei normalen Wohnungen ist das ja wegen der oft geringen Miete oder der Vollanwendbarkeit des MRG nicht möglich“, sagt Schnellinger, der die geringe Nachfrage zum einen auf das ausreichende Wohnungsangebot in der Salzach-Stadt zurückführt. Zum anderen würden jene, die Freiräume suchten, häufig ohnehin lieber in Umlandgemeinden ausweichen.

AUF EINEN BLICK

Geduld und gute Nerven.
Wer eine Dachgeschoßwohnung in Graz, Linz oder Wien sucht, braucht vor allem eines: Geduld. Das Angebot ist in der Regel gleich null, die Nachfrage dafür groß.

Einzige Ausnahme: Salzburg.
In der Mozartstadt hält sich auch
der Run auf Dachgeschoßwohnungen sehr in Grenzen. Man sucht seinen persönlichen Freiraum lieber gleich im Umland.

Strenge Auflagen. Dass in diesen Landeshauptstädten so wenig Dachböden auf den Markt kommen, führen die Branchenkenner auf komplizierte Eigentümerverhältnisse und die Nutzung durch Eigentümer zurück. In Graz kommen bei Lagen in der Altstadtzone noch strenge Auflagen dazu, die den Ausbau erschweren.

Die Kosten für einen Dachboden können bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter betragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2008)

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