Baumhäuser: Waldbewohner und Wipfelstürmer

(c) Reuters (Regis Duvignau)
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Eine Nacht zwischen Fichten, auf Augenhöhe mit den Vögeln: eine verklärte Kindheitsfantasie und der reale Erwachsenentraum, der Architekten beschäftigt.

„Wer hoch hinaus will, braucht eine Vision“, meint Christian Kobau und meint dabei nicht nur die Höhenmeter. Der Kärntner Zahnarzt hat sein Refugium de Luxe auf 14 Metern über dem Boden installiert. Zwischen Zweigen und Geäst. Doch sein Baumhaus hat nichts mit dem windschiefen Bretterverschlag zu tun, den man aus Jugendfilmen kennt. Hier gibt es viel Platz, zwei Ebenen, WC, elektrisches Licht, Warmwasser und als Krönung zwischen den Baumkronen: eine Badewanne, oben am Dach, schließlich vergisst man ein Schaumbad zwischen Fichten nicht so schnell. 
Kindheitsträume für Erwachsene
Futuristische Gebilde schweben im Wald, manche eckig, viele rund. Ganze Villen, entrückt von der belaubten Erde, und skurrile Fantasiegebilde hängen zwischen den Ästen. Schuld daran ist die Vorstellungskraft der Architekten und die Hartnäckigkeit, die Kindheitsträume in das Erwachsenenalter rettet.
Vom Baum geht die Energie aus, sagen Baumhausbauer wie Alain Laurens: „Dort oben schafft es der Raum ganz mühelos, die Seele zu besänftigen.“ Das Gefühl von Romantik, Abenteuer und Sicherheit zugleich beschäftigt Architekten wie Andreas Wenning. Er entwirft und baut mit seinem Unternehmen „baumraum“ nichts als Baumhäuser, seine erklärten Lieblingsplätze. „Denn von dort oben kann man seine Umwelt und andere betrachten, ohne selbst gesehen zu werden“, erklärt Wenning.
Der Baum bestimmt die Form
Wie beginnt man nun sein Domizil in den Bäumen zu planen? Das wichtigste Kriterium ist naturgemäß der Baum. Die entscheidenden Faktoren sind einfach: Sie müssen stark, gesund und ausgewachsen sein, am besten in windgeschützter Lage.
Hat man seinen Stammplatz gefunden, kann man sich die gewünschte Ausbaustufe überlegen. Ein Bretterverschlag, als Aufenthalts- und Rückzugsort für untertags, ein Schlafplatz, spartanisch, aber naturnah. Oder auch ein Penthouse, das nichts vermissen lässt, was man aus ebenerdigen Häusern kennt. Für den Entwurf sind die Bäume die Inspira-
tion, die Form passt sich den natürlichen Gegebenheiten an. Bei der Planung ist zu überlegen, wo die Sonne aufgeht, und in welche Richtung sich die schönsten Aussichten mit Fenstern eröffnen. Vor dem Einstieg sollte auch genügend Platz sein, ebenso kann ein starkes Geländer dem Sicherheitsgefühl nicht schaden. Nicht zu vergessen: Da Bäume die Tendenz zu schwanken haben, muss sich das Baumhaus mitbewegen können. Und das Wichtigste im Ehrenkodex der Baumbewohner: Man darf den Baum nicht verletzen. Damit das nicht passiert, verwenden manche Architekten gummiverstärkte Konsolträger, andere verbinden Haus und Baum durch Textilgurte oder hängen sie an Stahlseilen auf.
Vor dem Gesetz sind alle gleich
„Baumhäuser werden wie alle anderen Bauvorhaben gehandhabt. Größe, Lage und Nutzung bestimmen den Antragsweg, den man gehen muss“, weiß Wenning. Das Baumhaus von Zahnarzt Christian Kobau wurde auf einem Kranz von sechs Fichten gebaut, zusätzlich gesichert mit drei Leimbindern, verbunden mit einer Konstruktion, die zwei Meter tief in den Boden ragt.
„Jedes Baumhaus, das höher als fünf Meter gebaut wird, braucht hohe Sicherheit, da reichen die Bäume nicht mehr aus“, so Kobau.
Holpriger Weg in die Wipfel
In sein Refugium könnte er sich wochenlang zurückziehen. Alles ist vorhanden, was Bodenbewohner unter zivilisatorischem Komfort kennen. Auch fließendes Wasser, für das er dank des angrenzenden Hügels nicht einmal eine Pumpe braucht. Auch der Strom wurde in einer eigenen Leitung vom Wohnhaus zum Baumhaus verlegt.
Johann Schopf gründete das erste Baumhotel in Österreich. Der Weg zu den Schlafstätten zwischen den Zweigen war holprig: Schließlich  erhielt er zunächst keine Genehmigung für die sechs Behausungen zehn Meter hoch in den Bäumen. Erst als Schopf sie auf Pfähle setzen ließ, durften die Gäste kommen. Und sie kamen nicht wegen des Fernsehers, den es in luftiger Höhe gibt. Sondern wegen des viel besseren Programms – des Blicks in den Wald. 
Und die Kosten? „Unsere Baumhäuser lagen zwischen 18.000 und 120.000 Euro“, so Wenning. Die hohen Preisen sind nicht verwunderlich, schließlich handelt es sich um echte Handarbeit und alle Teile werden individuell zugeschnitten.

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